Trinkwasser ist ein regionales Naturprodukt. In unseren Wasserwerken nutzen wir die künstliche Grundwasseranreicherung als naturnahe Methode zur Wassergewinnung.

Wasserwerke haben eins gemeinsam: Sie liefern 24/7 Trinkwasser in einwandfreier Qualität nach der Trinkwasserverordnung. Wie das Wasser in den Wasserwerken gewonnen und aufbereitet wird, ist aber unterschiedlich. Die Methoden der Wassergewinnung* und Wasseraufbereitung** sind von den regionalen, geologischen und geografischen Bedingungen abhängig. Auch die Kapazitäten der Wasserwerke sind unterschiedlich.

5,4 Milliarden Kubikmeter (Mrd. m3) Wasser werden jährlich in Deutschland für die öffentliche Wasserversorgung gefördert.
Quelle: BDEW

Trinkwasser ist grundsätzlich ein regionales Naturprodukt. Deshalb bevorzugen Wasserwerke naturnahe Verfahren. Auch in unseren Wasserwerken in Haltern am See und denen unserer Tochter Wasserwerke Westfalen an der Ruhr gilt: So viel Technik wie nötig, so viel Natur wie möglich!

3 Methoden der Wassergewinnung in Wasserwerken

Es gibt drei Methoden, Wasser für die Trinkwasseraufbereitung in Wasserwerken zu gewinnen:

1. Aus Grundwasser
61 Prozent unseres Trinkwassers in Deutschland wird aus Grundwasser gewonnen, pro Jahr etwa 3,3 Mrd. Kubikmeter. Dabei handelt es sich um Wasser unterhalb der Erdoberfläche. Grundwasservorkommen entstehen durch den natürlichen Wasserkreislauf: Niederschläge versickern durch die Erdschichten, dabei wird das Wasser auf natürliche Weise gefiltert. Es strömt durch unterirdische Hohlräume in den Sand- und Gesteinsschichten. Grundwasser wird mithilfe von Brunnen und Pumpen in Wasserwerke gefördert.

2. Aus Oberflächenwasser
32 Prozent des deutschen Trinkwassers werden aus Gewässern wie Seen, Talsperren und Flüssen gewonnen, das sind etwa 1,7 Mrd. Kubikmeter.

3. Aus Quellwasser
Nur 7 Prozent werden aus Quellwasser gewonnen, etwa 0,4 Mrd. Kubikmeter jährlich.

Quelle: BDEW 

In den meisten Fällen ist ein natürliches Grundwasser die bevorzugte Rohwasserressource, da es im Allgemeinen gut vor schädlichen Einflüssen geschützt und damit frei von Krankheitserregern und Verunreinigungen menschlichen oder tierischen Ursprungs ist.

Künstliche Grundwasseranreicherung ist ein naturnahes Verfahren

Aber Grundwasser steht nicht überall in ausreichender Menge und Qualität zur Verfügung. Gerade in Ballungsgebieten wie dem Ruhrgebiet gibt es nicht immer dort, wo Menschen und Industrie viel Wasser benötigen, auch genug nutzbare Vorkommen.
Um dennoch genügend Wasser in guter Qualität gewinnen zu können, wird vielerorts die Methode der künstlichen Grundwasseranreicherung genutzt. Dabei lässt man Oberflächenwasser, zum Beispiel aus einer Talsperre oder einem Fluss, geplant versickern. Indem das Oberflächenwasser durch eine Sandschicht langsam in den Untergrund sickert, wird es auf natürliche Weise gefiltert und gereinigt.

Künstliche Grundwasseranreicherung im Wasserwerk Haltern

Künstliche Grundwasseranreicherung im Wasserwerk Haltern: Oberflächenwasser versickert durch den Sandboden bis ins Grundwasser. 70 % des dort gewonnenen Trinkwassers stammen aus angereichertem Grundwasser. 30 % aus natürlichem Grundwasser.

Das versickerte Wasser reichert das natürlich vorhandene Grundwasser somit zusätzlich an. Abhängig von den geologischen Gegebenheiten ist das Wasser wenige Tage bis hin zu mehreren Wochen im Untergrund unterwegs, bevor es als angereichertes Grundwasser von den Brunnen gefasst und zur weiteren Aufbereitung ins Pumpwerk gepumpt wird.
Von den ca. 100 Mio. m³, die das Wasserwerk Haltern pro Jahr abgibt, werden nur etwa 30 Prozent aus natürlichem Grundwasser gewonnen. Die restlichen 70 Prozent stammen aus angereichertem Grundwasser.

Sonderfall Uferfiltration

Uferfiltration gilt als Sonderfall der künstlichen Grundwasseranreicherung. Es kann natürlich entstehen oder künstlich angeregt werden (durch Grundwasserentnahme).
Das Wasser aus einem See oder Fluss dringt – gezielt versickert oder auf natürliche Weise – in den Grundwasserraum ein. Dann wird es durch Brunnen oder Sickerleitungen in Ufernähe gefasst. Auf diese Weise wird eine Mischung aus dem natürlichen Grundwasser und dem eingesickerten Oberflächenwasser gefördert und zur weiteren Aufbereitung verwendet.

Wie viel Uferfiltrat entsteht, hängt von verschiedenen Faktoren ab, z.B.:

  • wie durchlässig das Gewässerbett ist,
  • wie mächtig und porös der Grundwasserleiter ist,
  • wie weit die Brunnen vom Ufer entfernt sind,
  • dem Wasserstandsgefälle zwischen Grundwasser und Oberflächengewässer,

Auch bei dieser Methode wirken die Bodenschichten als natürlicher Filter. Das Wasser ist auch hierbei abhängig von den geologischen Gegebenheiten Tage bis Wochen im Untergrund unterwegs.

Künstliche Grundwasseranreicherung im Wasserwerk Haltern und an der Ruhr

Im Wasserwerk Haltern wird Oberflächenwasser aus den Talsperren Haltern und Hullern in 26 Versickerungsbecken geleitet. Dort sickert es langsam bis zum Grundwasser. Die bis zu 200 m dicken feinkörnigen Halterner Sandschichten sind ein optimaler Filter. So werden Stoffe, die nicht im Trinkwasser enthalten sein sollen, durch biologische, physikalische und chemische Vorgänge zurückgehalten bzw. abgebaut.
Weil das planmäßige Versickern einige Wochen dauert, wird die Methode auch Langsam-Sand-Filtration genannt. Im Wasserwerk Haltern dauert es etwa sechs Wochen.
Vertikalfilterbrunnen – 40 bis 165 m tief – fördern das angereicherte Grundwasser dann zur weiteren Aufbereitung ins Wasserwerk.
Neben der künstlichen Grundwasseranreicherung wird im Wasserwerk Haltern auch Grundwasser aus der Haard und Hohen Mark aufbereitet. Brunnen fördern das durch Niederschlag natürlich gebildete Grundwasser nach oben. Über Leitungen gelangt es ins Wasserwerk.
Insgesamt gibt es 231 Vertikalfilterbrunnen auf dem Wasserwerksgelände, in der Haard und der Hohen Mark.
Die sechs Wasserwerke an der Ruhr, die unser Tochterunternehmen Wasserwerke Westfalen betreibt, nutzen ebenfalls die künstliche Grundwasseranreicherung. Sie betreiben sandgefüllte Versickerungsbecken, in denen Wasser aus der Ruhr gezielt in den kiesigen (flussbegleitenden) Grundwasserleiter versickert wird.
So ist sichergestellt, dass für alle Verbraucher immer in ausreichender Menge Trinkwasser zur Verfügung steht.

Zusammenspiel mit anderen Verfahren sorgt für einwandfreie Trinkwasserqualität

Die Langsam-Sandfiltration wird schon seit über 200 Jahren bei der Trinkwasseraufbereitung genutzt. Mit den Fortschritten in Mikrobiologie und Mikroskopie (zum Beispiel durch Robert Koch) erschloss sich ab dem Ende des 19. Jahrhunderts die Bedeutung der Langsam-Sandfiltration für die Trinkwasseraufbereitung auch wissenschaftlich. Bis heute ist sie essentielles Element der Trinkwasseraufbereitung aus Oberflächenwasser. Im Zusammenspiel mit weiteren Aufbereitungsstufen im Wasserwerk (Schnellfiltration, Adsorption, Oxidation, Desinfektion) ermöglicht sie eine einwandfreie Trinkwasserqualität.

Die Vorteile der Langsam-Sandfiltration

  • sehr effektiv
  • naturnah und nachhaltig
  • vergleichsweise geringer Betriebsaufwand (Energie. Materialeinsatz und -Entsorgung)
  • stabiler, störungsunempfindlicher Aufbereitungsprozess

ERKLÄRUNGEN
*Wassergewinnung = Die Art und Weise, wie Wasserwerke Wasser aus verschiedenen Quellen gewinnen, um es dann zu Trinkwasser aufzubereiten.
**Wasseraufbereitung = wesentlicher Prozess der Trinkwasserproduktion, bei dem die Wasserqualität verändert wird, so dass sie der Trinkwasserverordnung entspricht, zum Beispiel indem Stoffe aus dem Wasser entfernt werden.

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