Gelsenwasser berichtet umfangreich über Spurenstoffe im Wasserkreislauf. Es gibt fundierte Daten, aber auch große Wissenslücken. Gastbeitrag unseres Kollegen Thomas Pochwyt.

Spurenstoffe sind menschengemachte Substanzen, die in sehr geringen Konzentrationen in der Umwelt gefunden werden und gewissermaßen die Spuren menschlicher Aktivitäten widerspiegeln. Sie werden seit geraumer Zeit in der Umwelt nachgewiesen und in der Fachwelt intensiv diskutiert. In regelmäßigen Abständen wird auch in den Medien über Spurenstoffe berichtet, z. B. zum aktuellen Stand der Gewässerbelastung mit Pflanzenschutzmitteln oder zum richtigen Umgang bei der Entsorgung von Arzneimittel etc.

Fundierte Erkenntnisse versus große Wissenslücken

Bei den vielen Facetten zum Thema ist die Datenlage inzwischen sehr fundiert und man hat viele Erkenntnisse über das Vorkommen von Spurenstoffen im gesamten Wasserkreislauf gesammelt. Und das Wichtigste: Auch Vermeidungsstrategien sind vielfach bereits ausgearbeitet. Wir wissen aber ebenfalls, dass es noch viele Wissenslücken zum Beispiel über sehr polare Spurenstoffe, Transformationsprodukte und Metaboliten gibt.
Unser Ziel ist es, relevante Informationen aus der Fachwelt zu Qualitätsthemen als Hintergrundinformationen so aufzubereiten, dass sich Interessierte dazu jederzeit informieren können.

Wichtige Faktoren: Menschlicher Umgang mit der Natur, Entwicklung der Analytik und Bewertung

Aus unserer Sicht sind drei Themenbereiche, die die Spurenstoffe betreffen, in der Öffentlichkeit noch nicht ausreichend adressiert, deren tieferes Verständnis aber eine entscheidende Rolle spielt:

  1. Die Reinheit des Wassers ist immer in Abhängigkeit von unserem Umgang mit der Natur zu sehen.
  2. Die immer weiter fortschreitende Analytik ist eine Ursache für die Befundlage.
  3. Die gesundheitliche Bewertung von Spurenstoffen ist ein wichtiger und komplexer Faktor, der zunehmend der Erklärung bedarf.
warum Gelsenwasser über Spurenstoffe im Wasser berichtet

Die “Null” bzw. die vollkommene Reinheit des Wassers ist eine Illusion.

Spurenstoffe sind ein Spiegel unserer Gesellschaft

Wenn wir Medikamente einnehmen, werden zwangsläufig unverstoffwechselte Reste der Wirkstoffe sowie im Körper gebildete Metabolite* ausgeschieden. Sie erreichen über das Abwasser den Wasserkreislauf. Ein vollständiger Rückhalt über die Kläranlagen ist – Stand heute und perspektivisch – nicht möglich. Deshalb werden wir immer Arzneimittelwirkstoffe, deren Metabolite und Transformationsprodukte** im Wasserkreislauf finden.
Unsere Gesundheit hat Vorrang vor dem Gewässerschutz. Trotzdem sollten wir alle Mittel ausschöpfen, um Einträge so gering wie möglich zu halten (Vgl. Pharmastrategie der EU-Kommission).

Die “Null” bzw. die vollkommene Reinheit des Wassers ist eine Illusion

Je besser/höher das Grundverständnis über Spurenstoffe im Wasserkreislauf ist, desto verständlicher ist, dass wir uns in einer so stark anthropogen geprägten Welt von der Erwartung der Nullkonzentration im Trinkwasser trennen müssen!

Dazu empfehle ich das Video mit Dr. Thomas-Benjamin Seiler über “Spurenstoffe im Wasser: Transparenz schafft Vertrauen”.

Dr. Thomas-Benjamin Seiler über Spurenstoffe im Wasser: Transparenz schafft Vertrauen

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→ Egal welche Aufbereitungsmethode wir für Trinkwasser wählen: Es wird über kurz oder lang immer Spurenstoffe geben, die im Trinkwasser nachweisbar sind. Die Frage ist vielmehr, in welchen Konzentrationsbereich wir blicken. Wer hat schon einmal etwas von der Einheit Nanogramm oder Pikogramm pro Liter gehört?

Die Analysetechnologie lässt quantitative Bestimmungen in diesem Bereich bereits heute zu. Sie wird voraussichtlich noch empfindlicher werden. Ich empfehle einen Online-Einheitenrechner, um ein Gefühl für eine Umrechnung der o.g. Einheiten in eine „vorstellbare“ Einheit wie Milligramm/Liter zu entwickeln, z. B. von 1 Nanogramm/Liter = 0.000001 Milligramm/Liter.

Ist ein Wert vorhanden, ist es also wichtig, sich

  1. immer die Einheit für einen Befund anzuschauen und
  2. nach der gesundheitlichen Bewertung zu fragen bzw. auch andere Aufnahmepfade wie Luft und Nahrungsmittel zu berücksichtigen.

Beispiel-Schlagzeile: Arzneimittel in jedem Trinkwasser in Deutschland gefunden!

Diese Nachricht könnte eine Headline in einer Tageszeitung oder ein Tweet o.Ä. sein. Sie ist im Kern auch richtig. Dazu empfehle ich, das Interview mit Dr. André Liesener.

Dr. André Liesener über Spurenstoffe im Wasser: Es gibt kein unbelastetes Wasser

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Würden Analytiker ausschließlich mit modernsten Analysegeräten arbeiten, würden sie in jeder Trinkwasser-Probe Spuren von Arzneimitteln finden. Ursachen dafür sind der geschlossene Wasserkreislauf unserer Erde und die Tatsache, dass alles, was nicht zu 100% abbaubar ist, auch eine gewisse Zeit in Wasser, Luft und Boden verbleibt.

Das ist für alle Verbraucher*innen eine harte Wahrheit, aber keineswegs schlimm. Wissenschaftler und informierte Bürger*innen würden jetzt fragen:

  • In welcher Konzentration liegen die Befunde vor?
  • Gibt es Bewertungen für die gefundenen Arzneimittel?

Beim Beantworten der beiden Fragen wird schnell klar, warum im Regelfall eine Gesundheitsgefährdung auszuschließen ist.

Mit unserer Spurenstoff-Kampagne wollen wir das Thema präsenter machen und das Bewusstsein dafür stärken. Deshalb veröffentlichen wir auf unserer Website für alle, die mehr wissen wollen, die Analysenergebnisse – über die gesetzlichen Veröffentlichungspflichten hinaus! Zusätzlich stellen wir Hintergrundinformationen und Erläuterungen zu der Bewertung von Spurenstoffen bereit.

Aufgrund der Komplexität der Spurenstoff-Thematik haben wir Experten und einen Profi für wissenschaftliche Filme einbezogen. Insgesamt sechs Experteninterviews dienen als Basis für einen Spurenstoff-Film, der Anfang 2022 veröffentlicht wird. Die Experteninterviews sind bereits jetzt online.


Über unseren Gastautor Thomas Pochwyt

Thomas Pochwyt von Gelsenwasser

Unser Gastautor Thomas Pochwyt ist seit fast 14 Jahren bei Gelsenwasser und einer unserer Experten für Wasserqualität. Er beschäftigt sich seit Jahren intensiv mit dem Thema “Spurenstoffe”.


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ERKLÄRUNGEN DER BEGRIFFE
*Metaboliten bzw. **Transformationsprodukte sind Zwischenprodukte oder Abbauprodukte, die bei Stoffwechselvorgängen entstehen.

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© GELSENWASSER AG /Frank Bürgin – Zeitlupe GmbH

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