CETA-Abkommen überspringt mit Karlsruhe und Rat zwei weitere Hürden

Am Tag nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (13.10.2016) zum umstrittenen Abkommen CETA mit Kanada war die Erleichterung bei den Befürwortern in der Presse bundesweit greifbar. „Gericht bestätigt CETA“, „Karlsruhe hält CETA für rechtmäßig“ – derartige Meldungen waren zu lesen. Jetzt sei der Weg frei für die Zustimmung der Bundesregierung im Europäischen Rat am darauf folgenden Dienstag (18.10.2016). Mancher sagt, der Rest sei nun Formalität.

Aber stimmt das?
Die Aufgabe des höchsten deutschen Gerichtes ist es, die Bundesregierung in allem Handeln auf das deutsche Grundgesetz zu verpflichten. Es hatte nur zu entscheiden, ob der Schaden für Deutschland größer sei, wenn es der Bundesregierung erlaubt, im Rat für eine vorläufige Anwendung von CETA zu stimmen und es sich später als verfassungswidrig heraus stellt. Oder ob Schaden für das Land größer ist, wenn das Gericht das Abkommen nun stoppt und sich später heraus stellt, dass das Abkommen doch rechtmäßig ist. Es hat sich für Letzteres entschieden!
Der Schaden im ersten Fall sei vertretbar, wenn sichergestellt ist, dass das Abkommen überhaupt durch die Bundesregierung später alleine rückgängig gemacht werden kann – aber eben nur dann. Beachtlich ist auch die Bedingung der Richter, der hoch umstrittene „Gemeinsame Ausschuss“ dürfe eben nicht eigenständig das Abkommen auf weitere Dienstleistungen erweitern. Und nur solche Teile des Vertrages seien vorläufig anwendbar, die die EU überhaupt alleine entscheiden darf.

Das Gericht hat also genau die demokratischen Defizite gesehen, die von einigen Bürgerbewegungen und Juristen im Land behauptet werden.

Auswirkungen auf die Wasserversorgung?
Über die Auswirkungen auf die Wasserversorgung sagt das Urteil nicht viel aus. Die Kritik einiger deutscher Wasserversorger und der Umweltverbände hat politisch Vieles bewegt. Es ist nicht mehr nur breiter Konsens, dass das Vorsorgeprinzip im Umwelt- und Wasserrecht nicht beeinträchtigt, die Strukturen der Branche nicht angetastet und nationale Umweltgesetze respektiert werden. Die Bundesregierung hat angekündigt, mit der kanadischen Regierung eine Zusatzerklärung abzuschließen, in der alle Kritikpunkte der Fachwelt klargestellt würden. Das wäre ein richtiger Schritt für mehr Klarheit. Denn durch eine solche Erklärung würde es schwerer fallen, die vielen offenen Definitionen hinterher gegen neue Umweltgesetze oder Entscheidungen der Kommunen zu missbrauchen.

Ob auf diesem Wege die Probleme beseitigt werden, ist aber noch unklar. Schon mehren sich die Stimmen, die behaupten, ein Grundproblem sei weiterhin, dass hier zusätzliche Gerichte, Entscheider und Gremien wie „Nebengerichte“ gegründet werden.

Inwieweit eine Zusatzerklärung als bloße Anlage eines völkerrechtlichen Vertrages wie CETA überhaupt verbindlich ist – also Wirkung entfaltet, wenn es „Hart auf Hart“ kommt – stellen Opposition und Gewerkschaften in Frage. Den Vertrag selbst wollen die beiden Regierungen aber nicht mehr anfassen. Einige Mitglieder des Bundestages fordern Sanktionen, wie empfindliche Strafen, bei einer Verletzung der Verträge.

„Wasserdicht“ muss es sein!
Es scheint also, als ob die spannende Phase bei CETA erst noch kommt. Erst wenn die Zusatzerklärung ausverhandelt ist, kann man absehen, ob die Definitionen eindeutig und die Schlupflöcher geschlossen sind. Der Teufel liegt hier im Detail. Erst wenn diese Erklärung „wasserdicht“ – und dann noch verbindlich ist – haben der Bundestag und der Bundesrat eine Grundlage, um mit CETA in der Außenwirtschaft neue Wege gehen. Unzählige Abgeordnete haben nicht nur durch die klaren Beschlüsse ihrer Parteien und Fraktionen, sondern auch persönlich bereits öffentlich verkündet, dass sie dem Abkommen nur dann zustimmen werden.

 

Zum Autor
Dr. Arnt Baer ist Spezialist für politische Fragen bei GELSENWASSER. Er übernimmt die Kommunikation mit Politik und Verbänden.

Mehr zu CETA auch HIER auf unserem Blog!

 

Links

Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes
Pressemitteilung vom Bundesverfassungsgericht vom 13.10.2016
Süddeutsche Zeitung
Tagesschau
FAZ

Zur aktuellen Lage
Spiegel
Deutsche Wirtschaftsnachrichten
Tagesschau

 

FOTO: FOTOLIA #68762892 | Urheber: Weissblick

 

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