Der Landtag von Nordrhein-Westfalen berät gerade über eine Novelle des Landeswassergesetzes. Der Entwurf enthält problematische Regelungen in Bezug auf Gewässerrandstreifen und den Abbau von Bodenschätzen in Wasserschutzgebieten, die den Gewässerschutz in NRW schwächen. Die beabsichtigte Klarstellung des Vorrangs der Trinkwasserversorgung ist dagegen zu begrüßen. Sie sollte sich schon aus Gründen des Gesundheitsschutzes bruchlos in das bewährte System der Wasserversorgung einpassen.

Gelsenwasser bringt sich als Ansprechpartner in die Diskussion um die Änderung des Landeswassergesetzes ein und wir arbeiten daraufhin, dass der gesetzliche Rahmen unsere Trinkwasserressourcen ausreichend schützt. Im November 2020 hatten wir die Möglichkeit, unsere Position als Sachverständiger bei einer Anhörung des Umweltausschusses im NRW-Landtag zu vertreten.

Wasserressourcen vorausschauend planen

Der Klimawandel ist endgültig bei uns angekommen. Das Jahr 2020 war, wie die letzten beiden Jahre, überdurchschnittlich warm und trocken. Im Einzugsgebiet der Ruhr lagen im 12. Jahr in Folge die Niederschläge unter dem langjährigen Mittel. Für die öffentliche Wasserversorgung bedeutet das steigende Herausforderungen.

→ Das heißt zum einen, dass wir das Thema Ressourcen vorausschauend mitdenken müssen. Kommunen und Wasserversorger müssten zum Beispiel gemeinsam die Wasserversorgungskonzepte weiterentwickeln, um Situationen mit Engpässen im Gemeindegebiet genauer abzuschätzen, Risikoszenarien zu entwerfen und, soweit notwendig, frühzeitig Gegenmaßnahmen zu konzipieren und einzuleiten. Um die Resilienz der Versorgung in kritischen Regionen zu steigern, könnten zusätzliche Investitionen in Transportleitungen und eine gegenseitige Absicherung der lokalen Wasserverteilnetze im Sinne des „zweiten Hosenträgers“ sinnvoll sein.

Nordrhein-Westfalen  könnte dabei eine echte Vorreiterrolle übernehmen. In Deutschland wird diese Debatte gerade geführt: Bundesumweltministerin Svenja Schulze hat für 2021 eine eigene Wasserstrategie angekündigt.

Nordrhein-Westfalen: Novelle Landeswassergesetz 2021: Trinkwasserversorgung braucht Vorrang vor anderen Nutzungen

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder langanhaltende Trockenperioden, die lokal und zeitlich begrenzt zu Wasserknappheit führten. Dann sollte die Trinkwasserversorgung Vorrang vor anderen Nutzungen unserer wertvollsten Ressource haben.

Wasserressourcen: Entnahme muss transparent und planbar sein

Auch die anderen Nutzer von Wasserressourcen werden ihre Hausaufgaben machen müssen. Entnahmen der Landwirtschaft, gerade mit Blick auf die absehbar steigende Bewässerung von Feldern, müssen transparent und planbar angemeldet und überwacht werden. Denn wie soll ein Gut bewirtschaftet werden ohne Klarheit über die Gesamtheit der Entnahmemengen? Auch das Thema „faire Entgelte“ für alle Entnehmer wird sicherlich auf den Tisch kommen. Und auch die Industriebetriebe mit einer Eigenversorgung werden in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden müssen, damit die Wasserbehörden eine Grundlage für eine übergreifende Planung haben, wer wann wieviel Wasser nutzen sollte.

Die Trinkwasserversorgung stellt den wichtigsten Verwendungszweck dar, denn sie dient grundlegenden Bedürfnissen der Bevölkerung und sichert deren Gesundheit. Der Vorrang der öffentlichen Versorgung ist als Teil der Daseinsvorsorge im Wasserhaushaltgesetz verankert. Folgerichtig wird er im Landesrecht nun noch einmal klargestellt. Doch die in den Landtag eingebrachte Formulierung des Vorrangs letztlich nur für die der der Gesundheit dienenden Mengen ist missverständlich und würde in der Praxis neue Probleme aufwerfen.

Trinkwasser: Hygiene ist ein hohes Gut

Wasserversorger halten integrierte Versorgungs- und Kundenanlagen und keine getrennten Betriebssysteme für Trink- und Brauchwasser vor. Sie geben an alle Kunden Wasser aus dem gleichen Rohrleitungsnetz in Trinkwasserqualität ab. Über die tatsächliche Verwendung des Wassers im Einzelfall erlangen sie beispielsweise bei einer Lieferung an Wiederverkäufer keine Kenntnis. Aus den Typhus-Epidemien der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts im Ruhrgebiet wurde die Lehre gezogen, wie wichtig für die menschliche Gesundheit ein hohes Hygieneniveau in einem Gesamtsystem ohne Schwachstellen ist. Auch deswegen ist nun in Zeiten von Corona die Wasserversorgung ein so wichtiger Stabilitätsanker. Der Vorrang der Trinkwasserversorgung, der ohnehin nur zu bestimmten Zeiten in besonderen Fällen greift, muss im neuen Landeswassergesetz aber folgerichtig für das gesamte bewährte System der öffentlichen Wasserversorgung gelten.
Gerade der Vorrang von Trinkwasser hat im letzten Sommer für viel Diskussion gesorgt – auch in den Medien. Wir waren froh, dass wir uns neben der NRW-Umweltministerin und dem NABU in einer Sendung des WDR äußern durften, weil auch uns das Thema am Herzen liegt.

Landeswassergesetz Novelle 2021: Wasserschutzgebiete spielen eine zentrale Rolle für die Trinkwasserversorgung

Wasserschutzgebiete sind elementar für die Trinkwasserversorgung. Sie schützen unsere wertvollen Ressourcen. Doch immer wieder entbrennen Diskussionen, ob Bodenschätze in Wasserschutzgebieten abgebaut werden dürfen.

Streitthema: Bodenschatzgewinnung in Wasserschutzgebieten

Große Bedenken seitens der Wasserwirtschaft gibt es aufgrund der geplanten Änderung bei der Bodenschatzgewinnung aus Sorge um die Qualität des Grundwassers. Der § 35 Abs. 2 im Landeswassergesetz regelte bisher das Verbot der Abgrabungen in Wasserschutzgebieten und soll laut Gesetzesentwurf der Landesregierung gestrichen werden. Kompensiert werden soll der Wegfall durch eine neue Wasserschutzgebietsverordnung. CDU und FDP fordern in ihrem Änderungsantrag von Dezember, dass die Bodenschatzgewinnungsverbots erst zum 1. Oktober 2021 gestrichen werden soll. Die Fraktionen rechnen damit, dass bis dahin die Wasserschutzgebietsverordnung in Kraft ist. Die Nennung eines konkreten Datums ist jedoch kritisch zu sehen, da der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung nicht bekannt ist. Um den Schutz der Wasserressourcen sicherzustellen, sollte das Inkrafttreten der Streichung der Bodenschatzgewinnung mit dem Inkrafttreten der neuen Verordnung miteinander gekoppelt werden.

 


FOTOS

Titelbild: Die Talsperre Hullern der GELSENWASSER AG im Münsterland im Sommer 2019
Gartenschlauch: © GELSENWASSER AG
Schild Wasserschutzgebiet: © GELSENWASSER AG

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Gesetzentwurf Landeswassergesetz NRW
Stellungnahme GELSENWASSER AG
Landesregierung NRW
Pressemitteilung – Niederrhein-Appell gegen neues Landeswassergesetz
Gelsenwasser-Blog: Sommer 2020: Dürrestes drittes Jahr in Folge

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