Wer auf dem Land lebt, kennt den Gestank: Gülle! Schon seit Jahren stinkt es der EU-Kommission in Deutschland viel zu oft. Zu viel Dünger in Form von Gülle sorgt nämlich nicht nur für beißende Geruchsbelästigungen, sondern auch für langfristige Umweltschäden.
Die Nitrat-Belastung des Grundwassers gefährdet unser Trinkwasser. Denn über 70 Prozent des Trinkwassers in Deutschland wird aus Grundwasser gewonnen. Laut Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) darf ein Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter nicht überschritten werden. In vielen Regionen werden zu hohe Nitratwerte gemessen – und das seit Jahren. Deshalb hat die EU jetzt Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht.

Letzte Woche hat die EU-Kommission die – zuvor angekündigte – 40 Seiten dicke Klageschrift plus 1.500 Seiten Anhang beim Europäischen Gerichtshof, kurz EuGH, abgegeben. Vorher gab es bereits zwei Vertragsverletzungsverfahren in diesem Zusammenhang gegen Deutschland.

Jetzt droht Deutschland möglicherweise eine hohe Strafe. Den französischen Nachbarn ergeht es bereits so. Der EU-Klage wurde stattgegeben und derzeit verhandelt Frankreich über das Strafmaß: Zwei bis drei Milliarden Euro sind wohl im Gespräch. Wenn sich die EU durchsetzt, könnte eine solche Summe nach einem EuGH-Urteil auch auf Deutschland zukommen. Zudem könnte das Urteil dann Auflagen enthalten, die Deutschland bei einer Gesetzesreform umsetzen müsste – was die Gestaltungsfreiheit aus deutscher Sicht sogar stark einschränken könnte.

Fakt ist: Seit Jahren steigt die Nitratbelastung des Grundwassers in vielen Regionen an. EU-weit erlaubt sind 50 Milligramm pro Liter,  das ist festgelegt in der seit 1991 geltenden EU-Nitratrichtlinie. Doch laut WDR-Recherchen werden schätzungsweise auf fast einem Drittel von Deutschlands Fläche die erlaubten Nitratwerte überschritten. Die Hauptursache sehen Experten in der Überdüngung mit Gülle bzw. stickstoffhaltigem Dünger durch die Landwirtschaft. Es wird zu oft und zu viel gedüngt. Gerade in den Bereichen mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung und Massentierhaltung – zum Beispiel in vielen Teilen Niedersachsens (mehr als 60 Prozent), Schleswig-Holstein (50 Prozent) und in Nordrhein-Westfalen (40 Prozent) – liegen die Nitratwerte im Grundwasser weit über den erlaubten Grenzwerten.

Das Problem der Überdüngung ist auch bei GELSENWASSER präsent. An Messstellen vor einigen Wasserwerken und Brunnen im Versorgungsgebiet werden erhöhte Nitratwerte gemessen.

„Wir brauchen in Deutschland endlich ein Düngerecht, mit dem die Behörden transparent nachvollziehen können, wer wie viel Stickstoff auf die Felder aufbringt. Es braucht daneben nicht nur klare Vorgaben für die Landwirtschaft, sondern vor allem auch Möglichkeiten für die Behörden, Sanktionen auszusprechen und durchzusetzen, wenn Regeln verletzt wurden. Aus Sicht eines Wasserversorgers vor Ort ist die „betriebliche Stoffstrombilanz“ aber zu wenig. Um eine echte transparente Darstellung zu bekommen, was auf den Hof kommt und was wieder herausgeht, bräuchte es eine echte „Hoftorbilanz“, wie sie seit Langem auch von uns gefordert wird.“

Dr. Dirk Waider, Vorstand GELSENWASSER AG

Grafik: Wie kommt Nitrat ins Grundwasser und dann ins Trinkwasser?
Der Verband Kommunaler Unternehmen, kurz VKU, hat eine gute Grafik dazu.

Grafik: Wie kommt Nitrat ins Grundwasser?

 

Video-Tipp: Aktivkohle im Wasserwerk einsetzen
Jedes „Körnchen“ arbeitet ähnlich wie ein Schwamm – mit Aktivkohle lassen sich Stoffe aus dem Wasser filtern. Der Clip erklärt wie genau das im Wasserwerk Haltern funktioniert.
Film jetzt anschauen! 

 

Links zum Thema
Umweltbundesamt – Erklärfilm Stickstoff
GELSENWASSER – Pressemitteilung zum Thema
GELSENWASSER – neue Düngeverordnung
Tagesschau – Ignorieren, hinhalten, versagen
Spiegel Online – EU reicht Nitrat-Klage gegen Deutschland ein
Zeit – EU verklagt Deutschland wegen mangelnden Grundwasserschutzes
Umweltbundesamt – Belastungen des Grundwassers
Tagesschau – Gülle im Glas

Foto: © Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen

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