Die globalen Phosphor-Vorräte sind begrenzt. Der wertvolle Rohstoff wird uns ausgehen. Die Lösung heißt Phosphor-Recycling. Zum Beispiel aus Klärschlamm im Rahmen einer klimaneutralen Kreislaufwirtschaft.

Kein Leben ohne Phosphor auf der Erde

Phosphor-Verbindungen bzw. Phosphate (wie P205) haben eine biologische Schlüsselrolle:

  • für den Aufbau und die Funktion von DNA und RNA,
  • für die Energieprozesse in den Zellen mit Adenosin-Tri-Phosphat (ATP),
  • für den Aufbau von Zellmembranen (Phospholipide),
  • für die Zusammensetzung von Gerüstsubstanzen wie Knochen und Zahnschmelz,
  • für die Funktion von Enzymen/Botenstoffe für die Signalübertragung in Zellen,
  •  …

Beispiel: Ein 70kg schwerer Mensch besteht zu 700 Gramm aus Phosphor, 600 g davon stecken in den Knochen. Das Skelett enthält rund 85 % des Phosphats im Körper. Es ist neben Kalzium das mengenmäßig häufigste Mineral im menschlichen Körper.

Keine Nahrungsmittel vom Feld ohne Phosphor

Pflanzen brauchen u.a. diese sechs Nährstoffe zum Wachsen, Blühen und um Früchte zu tragen: Stickstoff (N), Phosphor (P), Kalium (K), Magnesium (Mg), Schwefel (S) und Calcium (Ca). Wobei die ersten drei mengenmäßig die Bedeutenden sind.
Pflanzen können Phosphor nur als im Wasser gelöstes Phosphat aus dem Boden aufnehmen. Böden sind aber von Natur aus phosphorarm. Deshalb werden in der Landwirtschaft Mineraldünger mit Stickstoff, Phosphor und Kalium eingesetzt.

→ Durch den weltweiten Einsatz von Mineraldünger mit Phosphor konnte mehr Nahrung für die stetig wachsende Bevölkerung produziert werden. Die Landwirtschaft ist der größte globale Phosphor-Verbraucher.

Phosphatdünger-Verbrauch in Deutschland 2018/2019
201.159 Tonnen
Quelle: IVA Jahresbericht 2018/2019, Seite 33, https://www.iva.de/publikationen/jahresbericht-20192020

Prognose zur Phosphor-Krise: Wann wird Phosphor knapp?

Der Rohstoff „Phosphor“ kann nicht synthetisch hergestellt werden. Er wird aus fossilem Mineralgestein, hauptsächlich Apatit, gewonnen, das nur in wenigen Ländern abgebaut wird, z.B. in Marokko.* Deutschland importiert zu 100 %.

Die EU führt seit 2011 eine Liste mit den „Kritischen Rohstoffen“, sie wird alle 3 Jahre angepasst. Gemeint sind die wirtschaftlich wichtigsten Rohstoffe mit hohem Versorgungsrisiko. Phosphor ist einer von 30 Rohstoffen auf der Liste 2020.
Quelle: EUR-Lex Europa

Wie lange die Phosphor-Vorkommen reichen werden, ist umstritten. Einige Forscher gehen davon aus, dass 2030 der „Peak Phosphor“ erreicht wird – der Punkt, an dem global die maximale Phosphat-Produktion erreicht wird. Danach könnten die weltweiten Phosphor-Vorräte (die wirtschaftlich und technisch abbaubar sind) in einigen Jahrzenten bis wenigen Jahrhunderten erschöpft sein.

Was dann?

Weltweite Reserven an Phosphatgestein nach den wichtigsten Ländern im Jahr 2019

Land Mio. Tonnen
Marokko & Westsahara 50.000
China 3.200
Algerien 2.000
Syrien 1.800
Brasilien 1.700
Südafrika 1.400
Weltweit 69.000

Quelle: statista.de

Phosphor-Recycling aus Klärschlamm – Verfahren sind in der Entwicklung

Wir werden weiter Phosphor benötigen. Und die benötigte Menge wird weiter steigen. Weil es keinen Ersatzstoff gibt und Phosphor nicht synthetisch hergestellt werden kann, ist Recycling die einzige (realistische) Option.

Die beste Ressource dafür sind unsere Fäkalien bzw. das Abwasser. Der Mensch nimmt täglich bis zu 1.600 mg Phosphate über seine Nahrung auf. Der Großteil wird vom Körper ausgeschieden und landet im Abwasser. Bei der Reinigung der Abwässer in kommunalen Kläranlagen fallen jährlich je Einwohnerwert 20 bis 30 kg Klärschlamm an. Deutschlandweit sind es jedes Jahr rund sieben Mio. Tonnen entwässerten Schlamms – das entspricht rund 1,7 Mio. Tonnen Klärschlammtrockenmasse.
Ab spätestens 2029 muss Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen mit über 100.000 Einwohnerwerten verbrannt und der in der Asche enthaltene Phosphor zurückgewonnen werden. Ab 2032 ist das auch für Kläranlagen mit mehr als 50.000 Einwohnerwerten Pflicht. Voraussetzung: Die Trockenmasse enthält mindestens 20 g P pro kg Schlamm.

Die Verfahren, um Phosphor aus Klärschlamm-Asche zurückzugewinnen, werden derzeit entwickelt und erprobt. Noch wurde keins im industriellen Maßstab eingesetzt. Gelsenwasser bringt sich nicht nur in die Forschung ein, sondern baut mit Partnern Mono-Verbrennungsanlagen.

KLärschlamm-Verwertung in Deutschland: Phosphor-Rückgewinnung wird Pflicht

Grafik: GELSENWASSER AG / Daten-Quelle: Destatis

5 Gründe für Phosphor-Recycling

  1. Wird Klärschlamm nicht mehr auf den Feldern ausgebracht, werden unsere Gewässer vor zu hohen Phosphor-Einträgen geschützt.
  2. Die „Ressource P“ wird zirkulär genutzt. Das erhöht die Ressourcen-Effektivität. Phosphor-Recycling aus Klärschlamm wird so ein wichtiger Faktor für eine klimaneutrale Kreislaufwirtschaft.
  3. Der zurückgewonnene Phosphor kann wieder in die Wertschöpfungskette zurückgeführt werden.
  4. Deutschland hätte eigenen Zugriff auf den Rohstoff und müsste nicht mehr 100 % aus Ländern importieren, die teilweise eine sehr unsichere politische Lage haben.
  5. Recycling führt zu weiteren technischen Innovationen, die wiederum zu Wachstum und Perspektiven. Dadurch entstehen neue klimafreundliche Wertschöpfungsketten oder bestehende Kreisläufe werden erweitert bzw. optimiert.

„Die Kreislaufwirtschaft und das Recycling von Rohstoffen aus kohlenstoffarmen Technologien sind ein wesentlicher Bestandteil des Übergangs zu einer klimaneutralen Wirtschaft.“
Quelle: EUR-Lex Europa, S. 10

Phosphor-Recycling aus Klärsclamm als Teil der Kreislaufwirtschaft ist nachhaltig

Ab spätestens 2029 muss Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen mit über 100.000 Einwohnerwerten verbrannt und der in der Asche enthaltene Phosphor zurückgewonnen werden.

Fazit: Phosphor-Recycling ist wichtig für eine klimaneutrale Wertschöpfungskette

Sind die Verfahren, die derzeit getestet werden, im industriellen / großtechnischen Maßstab ein Erfolg, belebt Phosphor-Recycling aus Klärschlamm-Asche die klimaneutrale Kreislaufwirtschaft.


BEGRIFFLICHE ERKLÄRUNGEN

*Definition Kreislaufwirtschaft
Zirkuläre Wertschöpfung = eingesetzte Rohstoffe innerhalb geschlossener Kreisläufe an den Ursprung zurückführen und neu nutzen

Steckbrief: das Element Phosphor

Chemisches Symbol: P

Ordnungszahl: 15

Entdecker: der deutsche Apotheker Hennig Brand 1669 von Hennig Brand

Aggregatzustand: fest

Besondere Eigenschaften: Chemolumineszenz

Modifikationen: weißer, roter, schwarzer und violetter Phosphor; weißer Phosphor ist hochgiftig; schwarzer, violetter und roter Phosphor sind ungiftig

Vorkommen auf der Erde: nur gebunden in Form von Phosphaten bzw. in Phosphorit, Apatit

Größte Vorkommen von Phosphat-Mineralien: Afrika, China und USA; Marokko/Westsahara, China, Jordanien und Südafrika besitzen rund 80 % der weltweiten Phosphatgestein-Reserven, die wirtschaftlich abbaubar sind

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