Das Motto zum Weltwassertag am 22. März 2021 ist „Wasser wertschätzen“. Der Wert des Wassers wird gerade dann offensichtlich, wenn keins verfügbar ist. Gerade hier, wo Trinkwasser wie selbstverständlich aus dem Hahn fließt, müssen wir Wasser wieder wertschätzen lernen. Und auch die dazugehörige Infrastruktur.
Der Klimawandel führt uns vor Augen, wie stabil unsere Wasserversorgung ist
August 2020 irgendwo im südlichen NRW: Die Hitze flimmert zwischen den Häusern. Selbst nachts kühlt es nicht ab. Vom Balkon aus sehe ich überall lange, bunte Schlangen in den Gärten. Die Nachbarn wässern, was die Gartenschläuche hergeben – abendliches Hitze-Dürre-Dorf-Panorama. Die Regentonnen sind lange leer. Es hat wochenlang nicht mehr geregnet. Auch auf fast jedem Acker rund ums Dorf stehen Wassersprenger. Auf den Feldwegen fährt man mit dem Fahrrad Slalom um die Standrohre.
In der Bilanz des Deutschen Wetterdienstes DWD war der August 2020 „ein facettenreicher und extrem warmer Hochsommermonat“.
Für viele unverzichtbar – das eigene Gartenparadies: Immer öfter ist das nur mit viel zusätzlicher Bewässerung möglich. © adobe.stock #271067699
Mir ist nach dem Hitzetag nach einer kühlen Dusche. Doch für die nächsten zwei Stunden kommt nur ein Rinnsal aus dem Duschkopf. Die Abkühlung muss warten. In der Sekunde, in der kein Wasser mehr aus dem Hahn kommt, merken wir, wie wertvoll es für uns ist!
Es ist zu wenig Wasser und zu geringer Druck im Leitungsnetz, weil überall zur gleichen Zeit große Mengen Wasser entnommen werden. Zum Beispiel um Gärten zu wässern, Pools aufzufüllen oder zu duschen. Gleichzeitig entnehmen die Landwirte große Wassermengen. Solche Engpässe sind bisher kurz und lokal. Und sie kommen so selten vor, dass ich mich an das letzte Mal tatsächlich nicht erinnern kann.
So beeinflusst der Klimawandel die Wasserversorgung. MEHR ERFAHREN
Dürre und Hitze rücken die Wasserversorgung in den medialen und persönlichen Fokus
Aber der August 2020 wird mir in Erinnerung bleiben:
- Weil es der dritte Abend in Folge war, an dem kaum Wasser aus dem Hahn kam.
- Weil er meine Wahrnehmung in Bezug auf Wasser dauerhaft verändert hat.
Auch wenn die Trinkwasserversorgung hierzulande reibungslos funktioniert: Die letzten drei Jahre haben bewiesen, dass Hitze- und Trockenheitsperioden lokal „Stresstests“ für die Wasserversorgung verursachen können. Sie haben die Folgen des Klimawandels auf unsere Infrastruktur konkret, unmittelbar und persönlich erfahrbar gemacht.
Auch Wasser bestimmt den Wohlfühlfaktor in unserem Alltag
Und genau das ist gut! Denn sauberes Leitungswasser ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Die Infrastruktur mit Wasserwerken und Verteilnetzen ist hierzulande so gut, dass wir 24/7 mit qualitativ einwandfreiem Trinkwasser versorgt sind. Dafür sorgen die fast 6200 Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland. Doch gerade diese Selbstverständlichkeit im Alltag lässt uns vergessen, wie wertvoll Trinkwasser eigentlich sind. Und dass hinter der ständigen Verfügbarkeit eine aufwendige Infrastruktur steckt. Schon eine kurze Zeit ohne Leitungswasser reicht aus, um uns seinen Wert vor Augen zu führen.
Ohne Trinkwasser kommt unser Alltagsleben zum Erliegen: kein Duschen, kein Kochen, kein Waschen und Putzen, keine Gartenbewässerung… Lebensnotwendiges wie Hygiene und Nahrungszubereitung, aber auch Komfort und Wohlfühlfaktor sind abhängig von der Wasser-Infrastruktur!
Insofern ist es mit dem Wasser wie mit Allem im Leben: Der Wert wird uns erst bewusst, wenn wir es nicht mehr haben. Oder noch nie hatten. Wobei der „Wert“ in diesem Fall vieles umfasst: finanzielle und wirtschaftliche Faktoren, gesellschaftliche, persönliche, gesundheitliche, ideelle und moralische.
Wasser wieder wertschätzen: Infrastruktur bedeutet Komfort zu haben
Rund um die Uhr sauberes Wasser zur Verfügung zu haben, ist wesentlich für viele Alltagsprozesse, wie Hygiene und Nahrungszubereitung. Gleichzeitig ist es komfortabel und spielt eine ichtige Rolle für unseren Wohlfühlfaktor. © adobe.stock #290940238Vor diesem Hintergrund sollten wir schnell wieder lernen,
- dass Wasserversorgung eigentlich ein „unbezahlbarer Luxus“ in unserem Alltagsleben ist.
- dass die ständige Verfügbarkeit von Trinkwasser nur aufgrund der Natur (natürlicher Wasserkreislauf) und des menschengemachten Infrastruktursystems möglich ist.
- dass hinter unserer Wasserversorgung Technik, Arbeit, Wissen und hohe Investitionen stecken, um sie aufzubauen, zu erhalten und zu verbessern.
- dass es in unserer Verantwortung liegt, Klimaschutz und Daseinsvorsorge zu gestalten.
Das alles geht nur wenn wir wieder lernen, Wasser und Infrastruktur wertzuschätzen!
Zahlen und Fakten zur Trinkwasserversorgung in Deutschland
544.000 km beträgt laut „Branchenbild der deutschen Wasserwirtschaft 2015“ die geschätzte Gesamtlänge des Trinkwassernetzes in Deutschland (ohne Hausanschlussleitungen). Das ist 13,5 Mal um den Globus.
99 % der deutschen Bevölkerung sind an das zentrale Trinkwasser-Verteilungsnetz angeschlossen.
5,3 % betragen die Wasserverluste (Anteil am Bruttowasseraufkommen) im deutschen Verteilnetz und damit im EU-Vergleich sehr niedrig.
§ 37 Absatz 3 & § 38 Absatz 1 Die geltende Trinkwasserverordnung beruht auf diesen Paragrafen aus dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) und setzt die EU-Trinkwasserrichtlinie in nationales Recht um.
< 20 Grad Celsius beträgt die Wassertemperatur im Leitungsnetz, weil sich zwischen 0 und 15 Grad Krankheitserreger/Keime/ nicht vermehren bzw. nicht wachsen.
4,7 Mrd. Kubikmeter Trinkwasser werden pro Jahr in Deutschland gebraucht 3 Mrd. Euro werden jährlich in die öffentliche Trinkwasserversorgung investiert.
1,7 Mrd. Euro werden pro Jahr ins Leitungsnetz investiert.
9,3 Mrd. Euro betrug der Umsatz der Branche 2020 in Deutschland.
LINKS
DVGW-Vortrag zur Trinkwasserversorgung Historie
Broschüre Umweltbundesamt
DVGW Branchenbild 2020
FOTOS
Titelbild Wasserhahn: © adobe.stock #324113517
Gartenbewässerung:© adobe.stock #271067699
Sommerspaß im Gartenpool: © adobe.stock #290940238
