Der Klimawandel verändert den natürlichen Wasserkreislauf. Hitzewellen, Dürren und Wetterextreme beeinflussen Verfügbarkeit, Qualität und Verbrauch. Eine Herausforderung für die Trinkwasserversorgung.

Der Klimawandel beeinflusst den natürlichen Wasserkreislauf. Vor allem Quantität und Qualität der Wasserressourcen verändern sich durch lange Trockenheit und Hitzeperioden. Was heißt das für die Trinkwasserversorgung und die Arbeit der über 6.000 Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland?

Die drei wichtigsten Folgen des Klimawandels für die Wasserversorgung

1. Wasserressourcen leiden unter langen Trockenzeiten

Aufgrund des Klimawandels müssen wir damit rechnen, dass es in Zukunft öfter lange Trockenperioden gibt. Auch mehrere aufeinanderfolgende Trockenjahre sind – wie die letzten Jahre zeigen – realistisch.

Bestes Beispiel dafür, dass wir in Zukunft bedeutend öfter mit langen Trockenzeiten rechnen müssen, ist laut DWD die langanhaltende Dürre im Nordosten Deutschlands im Jahr 2018. So eine Dürre hat es laut DWD-Klimaarchiv seit 140 Jahren dort nicht gegeben. Eine Attributionsanalyse dazu zeigt, dass sich durch den Klimawandel die Wahrscheinlichkeit für derart starke Dürren in der Region mindestens verdoppelt hat und dass zugleich deren Intensität zunimmt.

Das Jahr 2018 war laut Deutschem Wetterdienst (dwd.de) das wärmste seit Beginn der Wetterbeobachtung 1881 und gleichzeitig extrem trocken. Im Vergleich zum langjährigen Mittel der Jahresdurchschnittswerte war es über 2 Grad Celsius wärmer, und die Niederschläge fielen um 30 % niedriger aus.
Die extremen Bedingungen gingen weiter, Trockenheit und Hitze setzten sich fort. 2019 liegt auf Platz drei der wärmsten bisher beobachteten Jahre. 2020 wurde das zweitwärmste Jahr seit Beginn flächendeckender Wetteraufzeichnungen. Und es war auch wieder zu trocken.

Temperatur und Niederschlag – die vergangenen 3 Rekord-Jahre im Vergleich

Jahr Jahresmitteltemperatur Niederschlagsmenge Ø in DE / % von Soll 789 l/m²
2018 10,5 ° C 590 l/m² / 75 %
2019 10,2 ° C 730,0 l/m² / 93 %
2020 10,4 ° C 710 l/m² / 90 %

Insgesamt waren laut DWD von den letzten 10 Jahren 9 zu trocken, nur 2017 war feuchter als normal.

Grafik Erwärmung in Deutschland im globalen Vergleich

© DWD

Ohne Niederschläge gibt es irgendwann keinen Puffer mehr bei den Wasserressourcen

Lange Trockenperioden wirken sich auf die Wasserressourcen aus, die für die Trinkwassergewinnung genutzt werden, sprich Grundwasser und Oberflächenwasser aus Flüssen und Seen. Ohne Regen

→ bildet sich weniger Grundwasser neu, die wichtigste Ressource für unser Trinkwasser (ca. 61 % / 3,3 Mrd. m3 werden jährlich aus Grundwasser gewonnen*). Es kann zu dauerhaft oder saisonal sinkenden Grundwasserständen kommen. In der Folge können Brunnen, durch die das Grundwasser vor der Aufbereitung im Wasserwerk nach oben gepumpt wird, „trocken fallen“ – im Extremfall sogar ganze Brunnenreihen.

*Quelle BDEW: https://www.bdew.de/presse/presseinformationen/zdw-61-prozent-unseres-trinkwassers/

→ kommt es zu Niedrigwasserständen in den Talsperren, in denen Wasser für die Trinkwasserversorgung vorgehalten wird. Sind die Wasserstände zu niedrig, kann weniger oder temporär sogar kein Oberflächenwasser für die Trinkwassergewinnung und -aufbereitung mehr entnommen werden. Auch Flüsse, an denen Trinkwasser durch Uferfiltration gewonnen wird, führen deutlich weniger Wasser.

Dürre und Hotze haben sichtbare Auswirkungen auf die Talsperren zur Trinkwasserversorgung

Die Talsperre Hullern mit Stevereinmündung im Juli 2019 bei langer Trockenheit und Hitze. Durch lange Trockenheit kommt es zu Niedrigwasserständen; Hitzewellen verschärfen die Folgen. Irgendwann gibt es keinen “Puffer” mehr bei den Wasserressourcen!

2. Hitzewellen verschärfen die Folgen langer Trockenphasen

Mit den Temperaturen steigt der Wasserbedarf. Gelegentliche Verbrauchsspitzen an heißen Tagen sind normal. Die gab es schon immer und sind für unsere Infrastruktur in der Regel unkritisch. Bis vor einigen Jahren gab es nur lokale, kurzzeitige Engpässe durch solche Spitzenverbräuche.
Fallen aber Hitze und Dürre zusammen, schnellt der Wasserbedarf extrem nach oben, wenn das kostbare Nass eigentlich knapp ist. So kann sich die Situation verschärfen, denn irgendwann gibt es bei den Ressourcen keinen „Puffer“ mehr. Außerdem wird zu solchen Zeiten für die Gartenbewässerung und z. T. für die Landwirtschaft, vor allem abends, gleichzeitig so viel Wasser aus dem Leitungsnetz entnommen, dass mancherorts die Verteilnetze bereits an ihre Grenzen gestoßen sind.

Mit dauerhaft hohen Temperaturen von Luft und Boden steigt auch die Wassertemperatur – mit Folgen für die Wasserqualität

Die Wasserqualität wird durch biologische, physikalische und chemische Merkmale bestimmt. Extreme bzw. lange Hitzeperioden können gravierende Folgen für die Wasserqualität haben:

  • Die Wasserschichten zirkulieren weniger (Sommerstagnation), wodurch der Sauerstoffgehalt sinkt.
  • Durch biologische und chemische Prozesse verändert sich die Nährstoffkonzentration, was vermehrtes Pflanzenwachstum (z. B. Blaualgen, die Toxine abgeben) und mehr Bodenschlammbildung zur Folge hat.
  • Fällt der Sauerstoffgehalt des Wassers weiter unter ein bestimmtes Mindestmaß, sterben Pflanzen und Tiere/Fische ab, können aber nicht mehr von aeroben Bakterien zersetzt werden. Das übernehmen dann anaerobe Bakterien, wobei sich giftige Stoffe wie Schwefelwasserstoff, Ammoniak oder Methan bilden.
  • Farbe, Geschmack und Geruch des Wassers verändern sich.

Niederschlagsmengen und Temperaturen sind regional unterschiedlich. Deshalb können die Folgen von Hitze- und Trockenperioden regional variieren.

3. Extremwetter-Ereignisse beeinträchtigen die Wasserqualität

Mit dem menschengemachten Klimawandel steigt die Anzahl der Wetterextreme. Die Ursache: Durch die höhere Lufttemperatur wird mehr Wasserdampf in die Luft abgegeben – und es kommt zu extremen Niederschlagsmengen in kürzester Zeit: Stürme mit Starkregen und Überschwemmungen.

→ Bei Starkregen werden Stoffe aus den Böden in Gewässer geschwemmt, zum Beispiel Stickstoff und Phosphor von landwirtschaftlich genutzten Flächen. So entstehen Nährstoffüberschüsse (Fachleute sprechen von Eutrophierung), die den Sauerstoffgehalt im Wasser verringern. Das Gewässer „kippt um“ (siehe dazu auch oben im Absatz über die Wassertemperatur).

Überschwemmtes Maifeld nach Starkregen: Folge des Klimawandels

Mehr extreme Wetterereignisse sind eine Folge des Klimawandels, hier ein nach Starkregen überschwemmtes Feld. Dadurch werden vermehrt Stoffe aus den Böden in die Gewässer geschwemmt – mit fatalen Folgen für die Wasserversorgung. © stock.adobe.com / #113903915

→ Auch stärkere mikrobielle Verunreinigungen durch Bakterien sind dann möglich, vor allem bei Überschwemmungen.

Klimaveränderungen machen Investitionen in die Wasser-Infrastruktur notwendig

Die Folgen des Klimawandels beeinflussen also auf direkte Weise Quantität und Qualität der Wasserressourcen. Sie bilden die Basis einer sicheren Trinkwasserversorgung. Dementsprechend sind die Auswirkungen für Wassercversorger geravierend: Sie müssen in allen Bereichen ihrer Arbeit reagieren.

Indem Sie:

  1. das Ressourcenmanagement anpassen.
  2. den Ressourcenschutz verstärken.
  3. die Gewinnungs- und Aufbereitungsprozesse ggf. anpassen.
  4. die Systemreserven und Redundanzen verbessern.
  5. Notfallpläne optimieren und Verbundsysteme ausbauen.

Das erfordert vor allem eins: Investitionen in die gesamte Wasser-Infrastruktur. Beginnend beim Ressourcenschutz, die Wasserwerke, Speicherkapazitäten und Leitungsnetze.


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BILDER

Talsperre Hullern im Sommer 2019 (2)
© GELSENWASSER AG

Pflanzen auf dem Feld, geflutet nach Unwetter
© stock.adobe.com / #113903915

Bewässerung Feld
© stock.adobe.com / #355212401

Grafik Erwärmungstrend Deutschland und Welt
© DWD

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