Gelsenwasser und die Tochtergesellschaften gewinnen in der Region an verschiedenen Orten Ökostrom aus Wasserkraft. Ein kleiner, aber konstanter Beitrag zur Energiewende.
Die Bevölkerung mit Trinkwasser, Gas und Ökostrom zu versorgen, gehört für Gelsenwasser zum Pflicht-Portfolio. Quasi als Kür und weil Umweltschutz ein wesentliches Anliegen unseres Unternehmens ist, produzieren wir selbst Strom aus erneuerbaren Energien. Eine Quelle ist neben Sonne und Wind auch Wasserkraft. Der so gewonnene Strom trägt seinen – zugegeben kleinen, dafür aber ziemlich konstanten – Teil dazu bei, die Energiewende zu stemmen.
Strom aus Wasserkraft: wenig, aber konstant
Das Verfahren ist nicht neu: Die Kraft des Wassers wussten unter anderem schon die Römer zu nutzen, und trieben damit Arbeitsmaschinen wie Mühlsteine oder Steinsägen an. Heute wird mit ihrer Hilfe vor allem Strom gewonnen – und das in großen Mengen: Weltweit liegt Wasserkraft bei der Stromerzeugung aus regenerativen Quellen mit großem Abstand an der Spitze, heißt es in einer im April veröffentlichten Energiestudie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe.
Nur 3 Prozent des deutschen Stroms stammen aus Wasserkraft
In Deutschland ist der Anteil des mit Wasserkraft erzeugten Stroms dagegen deutlich geringer. Hier kamen nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) im vergangenen Jahr 20,1 Milliarden kWh Strom zusammen.
Zum Vergleich: Insgesamt erreichte die Bruttostromproduktion 607 Milliarden kWh, davon entfallen etwa 242 Milliarden kWh auf erneuerbare Energien. Wasserkraft hat mit etwa 3 Prozent hier also nur einen kleinen Anteil, der ist aber sehr beständig.
Die Gründe:
- Zum einen gibt es bei der produzierten Strommenge kaum Schwankungen – der Anteil an der Bruttostromerzeugung hat sich mindestens in den vergangenen zehn Jahren kaum verändert.
- Zum anderen haben Wasserkraftwerke eine sehr lange Lebensdauer.
Strom aus Wasserkraft als „grünes Nebenprodukt“
Bei Gelsenwasser ist die Stromerzeugung aus Wasserkraft ein willkommenes und gerne genutztes „Nebenprodukt“. Da das Wasser ohnehin die bestehenden Wasserwerke und Wehre passiert, oder im Rohrnetz ein Gefälle herunterfließt, nutzt das Unternehmen diese Kraft zur Stromerzeugung, anstatt sie einfach verpuffen zu lassen.
So betreibt das Tochterunternehmen Wasserwerke Westfalen (WWW) an der Ruhr fünf Wasserkraftwerke in Echthausen, Fröndenberg, Hengsen, Villigst und Westhofen. Zusammen erzeugten sie im vergangenen Jahr 21,9 Millionen kWh Strom. Damit könnte man bei einem angenommenen Verbrauch von 4.800 kWh pro Jahr knapp 4.600 Vier-Personen-Haushalte mit Strom versorgen.
Der Höhenunterschied zwischen Wasserbehältern dient darüber hinaus in den Rohrnetzen Unna und Geseke zur Stromproduktion. Anstatt den Druck des herabfließenden Wassers einfach ungenutzt zu lassen, wird mit seiner Hilfe über eine rückwärts laufende Pumpe und einen Generator Strom erzeugt und in die jeweiligen Stromnetze eingespeist. In Unna kamen so im vergangenen Jahr mehr als 350.000 kWh Strom zusammen, was einem Verbrauch von gut 70 Vier-Personen-Haushalten entspricht, in Geseke waren es 100.000 kWh (rund 21 Vier-Personen-Haushalte).
Auch im Rohrnetz wird Strom aus Wasserkraft erzeugt
Auch der Wasserverband Aabach-Talsperre, an dem Gelsenwasser beteiligt ist, betätigt sich als Stromproduzent, und zwar an zwei Stellen: Direkt an der Talsperre, wo mit 100.000 kWh pro Jahr ebenfalls nur eine recht geringe Menge zusammenkommt. Mehr als das Zehnfache (1,1 Millionen kWh pro Jahr) wurde 2019 im Rohrnetz erzeugt. Das sichert rechnerisch die Stromversorgung von etwa 230 Vier-Personen-Haushalten für ein Jahr. Nicht zuletzt kommen jährlich am Wasserwerk Haltern knapp 230.000 kWh Strom zusammen – das ist noch einmal die jährliche Stromversorgung von knapp 50 Haushalten.
Neubauten von Wasserkraftwerken sind nicht wirtschaftlich
Nebenher und dezentral Strom produzieren – lohnt sich das nicht auch anderswo im Gelsenwasser-Gebiet? Das ist leider nicht so einfach. Der Neubau von Wasserwerken rechnet sich – wie auch deutschlandweit – nur bedingt, hat eine bereits 2015 vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie herausgebenden Marktanalyse Wasserkraft ergeben. Jahrelange, aufwendige Planungen und hohe Kosten beim Neubau ermöglichen in der Regel keinen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen. Ganz zu schweigen vom enormen Eingriff in die Natur, wenn ein Wasserkraftwerk beziehungsweise ein Wehr an einem Fluss neu gebaut werden.
Vom Wasserwerk zur Stromfabrik: „Musterbeispiel“ Bochum-Stiepel
Was sich aber lohnen kann, sind die Reaktivierung und der Ausbau bereits bestehender Wasserwerke und Querbauten in Flüssen – wie in Bochum-Stiepel. Das dortige Wasserwerk wurde 2015 abgeschaltet und anschließend zu einer Stromfabrik aus- gebaut. Die erzeugt heute etwa 5,4 Millionen kWh Strom pro Jahr – Ökostrom für mehr als 1.100 Vier-Personen-Haushalte.
Die Produktion gelingt hier im Einklang mit Gewässer- und Tierschutz. Während der Umbauarbeiten des 1910 errichteten Wasserwerks hat die Wasserbeschaffung und Energieerzeugung Mittlere Ruhr, eine Tochtergesellschaft von Gelsenwasser und Stadtwerken Bochum, auch die Fischaufstiegsanlage neben dem Treibwasserkanal gebaut. Über 27 Becken gelingt es seitdem auch Fischen, den Höhenunterschied des Wehrs von 3,60 Metern zu überwinden.
Diese Prämisse gilt übrigens auch bei den Wasserwerken Westfalen, die in den vergangenen Jahren alle Laufwasserkraftwerke umweltorientiert aufgerüstet haben. Deshalb endet an der Ruhr auf einem Abschnitt von 70 Flusskilometern, an denen die WWW ihre Wasserwerke und Stauanlagen betreiben, die Reise der Fische flussaufwärts nicht mehr vor Querbauten, sie setzen ihre Wanderung zu ihren Laich-, Aufzucht- und Nahrungsgebieten auf dieser Strecke über Aufstiegsanlagen fort.
Fazit Wasserkraft: verlässlich, wartungsarm und dezentral
Letztendlich mag die Stromerzeugung mit Wasserkraft zumindest in Deutschland nur einen kleinen Teil zur Erzeugung erneuerbarer Energien und damit zur Energiewende beisteuern. Doch es ist ein sehr verlässlicher, wartungsarmer und dezentraler Beitrag, um dieses Ziel zu erreichen.
Autorin: Katja Bühren
Katja Bühren arbeitet als freie Journalistin. Zuvor war sie viele Jahre als Redakteurin für das Fachmedium Immobilien Zeitung sowie verschiedene Lokalzeitungen im Münsterland im Einsatz.
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Energiestudie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
GRAFIKEN
Stromerzeugung aus Wasserkraftanlagen 2019 © BDEW
FOTOS
Titelbild © fotolia.com / #64836610
Bochum-Stiepel © GELSENWASSER AG