Das Konjunkturpaket der Bunderegierung soll die Folgen der Wirtschaftskrise nach Corona mildern. Wasserwirtschaft und Energiebranche haben frühzeitig reagiert und sichern die Versorgung. Wasserstoff und Wind sind Schlüsselfaktoren für den Klimaschutz während und nach der Corona-Krise.

Bislang sind die Unternehmen der Wasser- und Energieversorgung gut durch die Corona-Krise gekommen. Gelsenwasser hat wie andere den operativen Betrieb frühzeitig entsprechend organisiert, um das Infektionsrisiko der Mitarbeiter so gering wie möglich zu halten – und die öffentliche Versorgung jederzeit aufrecht zu erhalten.

Ein Krisenstab analysierte im Wochenrhythmus die Lage; die Hygiene- und Verhaltensstandards des RKI wurden konsequent verinnerlicht. Der Betrieb wird strikt von der Verwaltung getrennt. Die Belegschaften arbeiten in autarken Teams und tauschen sich nur über Telefon und digitale Kanäle aus. Mitarbeiter aus Risikogruppen wurden durch Homeoffice geschützt. Es wurden Schlüsselprozesse und -positionen, z. B. die Aufbereitung des Trinkwassers in den Wasserwerken, identifiziert. Die Verfügbarkeit von Materialien und Dienstleistern wird überwacht. Angesichts der allgemein verbesserten Lage ist nun eine vorsichtige Rückkehr zum Regelbetrieb – unter Einhaltung der Hygieneregeln – gerechtfertigt.

Wirtschaftliche Folgen der Corona-Krise werden immens sein

Aber welche wirtschaftlichen Folgen wird die Corona-Krise auf die Kommunalwirtschaft haben?

Sie ist nicht vorbei, die Frage daher nicht klar zu beantworten. Bislang berichten nur wenige deutsche Wasserversorger von Zahlungsausfällen. Im Haushaltsbereich hat die Wasserabnahme durch Homeoffice eher zugenommen.

Der Energieabsatz dagegen ist infolge der Beschränkungen zum Teil deutlich gesunken. Im Großhandel waren die Preise im Sinkflug. Die Automobilindustrie stellte die Produktion ein, andere Branchen mussten stark reduzieren. Durch die Einschränkungen im öffentlichen Leben ist vor allem der tertiäre Sektor* tief getroffen. Einzelhändler, Restaurants, Hotels und weitere Dienstleistungsunternehmen können ihren Betrieb nur eingeschränkt wieder aufnehmen. Fast alle Wirtschaftsinstitute prognostizieren für 2020 eine schrumpfende Wirtschaft. Der Energiesektor hängt unmittelbar von dieser Entwicklung ab. Der Staat wird in den nächsten Jahren hohe Einbußen verkraften müssen.

Die aktuelle Steuerschätzung rechnet mit nur noch 717,8 Mrd. Euro Steuereinnahmen für 2020. Im Vergleich zum Oktober 2019 bedeutet das, Mindereinnahmen für Bund, Länder und Gemeinden von 98,6 Mrd. Euro. Für die Jahre 2021 bis 2024 belaufen sich die Schätzungen der Mindereinnahmen auf 217,3 Mrd. Euro. Allein die Steuerausfälle der Länder betragen in den nächsten vier Jahren 60,6 Mrd. Euro, die der Gemeinden 30,0 Mrd. Euro. Das Institut der deutschen Wirtschaft rechnet in seiner Konjunkturprognose mit einem, auch im internationalen Vergleich deutlichen, Einbruch des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 9 Prozent.

Nachhaltigkeit bleibt Wille der Menschen

Wie lange eine Wirtschaftskrise andauert, hängt gerade beim „Exportweltmeister Deutschland“ von der weltweiten Konjunktur ab. Aber auch von unseren wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Nach der Finanzmarktkrise 2009 gelang mit klassischer Wirtschaftspolitik eine rasche Rückkehr zur Normalität.

Aber die Anforderungen 2020 gehen weiter. Die Menschen wollen den Umbau. Vier von fünf Deutschen finden, dass Klimaschutz trotz Pandemie wie bisher fortgesetzt oder sogar erhöht werden sollten. Das zeigt eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).  81,6 Prozent der Befragten gaben an, Klimaschutzmaßnahmen sollten fortgeführt oder sogar erhöht werden. Nur 15,2 Prozent sprachen sich dafür aus, Klimaschutzmaßnahmen zu reduzieren.

Die Energiewende finden 80,4 Prozent der Befragten weiterhin wichtig oder sehr wichtig.

Windenergieanlage

Bau einer Windenergieanlage in Kalkar

Wumms, Wasserstoff und der Wind

Am 3. Juni schnürte der Koalitionsausschuss das Konjunkturpaket „Corona-Folgen“ mit einem Investitionsvolumen von 130 Mrd. Euro. Fast 40 Mrd. Euro sind für Klimaschutz vorgesehen. Das Paket könnte zum Aufschwung beitragen und gleichzeitig den Weg in eine nachhaltigere Wirtschaft ebnen. Es enthält viele gute, klimapolitische Impulse – z. B. zu sauberer Mobilität, Gebäudesanierung oder zum Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft. Die Teilfinanzierung des EEG aus dem Haushalt kann man ordnungspolitisch diskutieren. Sie wird aber wohl den drohenden, drastischen Anstieg der EEG-Umlage und die zu befürchtenden Grundsatzdebatten um den Ausbau der Erneuerbaren Energien verhindern.

Aber es müssen weitere Fragen beantwortet werden, bei denen viele Milliarden nicht helfen. Deutsche Windprojekte scheitern nicht am Geld. Unternehmen wie Gelsenwasser haben Know-how aufgebaut und hohe Investitionen getätigt. Sie hängen an Flugsicherung, Genehmigungsrecht oder der Debatte um Abstände zu Wohngebieten, die an den echten Stellschrauben der Akzeptanz vorbeigeht. Und die den Blick verstellt auf die Tatsache, dass Windenergie vor Ort für den zweiten Pfeiler der Energiewende nötig ist, der nicht nur die Wärme, sondern auch Teile der Industrie und des Verkehrs dekarbonisieren soll: grünen Wasserstoff**. Er kann als dezentraler, akzeptierter und 100% CO2-freier Energiespeicher ohne Netzausbauprobleme sehr wertvoll werden. Aber dann müssen wir uns entscheiden. Selbst wenn die sehr ambitionierten 20 Gigawatt „Wind auf See“ gebaut werden – sie werden niemals reichen. In der Wasserstoff-Strategie plant die Bundesregierung bis 2030 den Aufbau von 5 Gigawatt inländischer Produktion, weitere 5 Gigawatt bis 2040. Aktuell existieren Projekte mit 25 Megawatt in Deutschland. Wir müssen also die Elektrolysekapazitäten in zehn Jahren um den Faktor 200 ausbauen. Dann müssen wir bald anfangen! Und dafür braucht es viel Wind. Auf See und an Land.

Bestandteile des Konjunkturpakets der Bundesregierung

Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung


 

ERKLÄRUNGEN
* tertiärer Sektor = Dienstleistungssektor, dazu zählen: Handel, Gastgewerbe und Verkehr, Finanzierung, Vermietung und Unternehmensdienstleister sowie öffentliche und private Dienstleister.
** Grüner Wasserstoff wird aus erneuerbaren Energien hergestellt und ist damit CO2-frei.

LINKS
Steuerschätzungen der Bundesregierung 
IW Konjunkturprognose 
Bundesfinanzministerium: Konjunkturpaket “Corona-Folgen”

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Energiewende als Konjunkturmotor in Corona-Krise

FOTOS
Titelbild: stock.adobe.com /#182859285
Wind: Bau einer Windenergieanlage in Kalkar / GELSENWASSER AG
Statista-Grafik Konjunkturpaket: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Referenzlink auf die URL der Statistik

 

 

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