Die NRW-Regierung will die Dichtigkeitsprüfung privater Abwasserkanäle ändern und die Kanal-TÜV-Pflicht abschaffen. Gelsenwasser sieht darin eine Verschlechterung des Gewässerschutzes.

Ist die Abschaffung der Kanal-TÜV-Pflicht notwendig?

Laut Antrag der NRW-Regierungskoalition vom 11. Dezember 2019 soll die so genannte „Dichtigkeitsprüfung“ privater Abwasserkanäle in zentralen Punkten geändert werden. Sie will die Pflicht privater Betreiber, den Zustand von Abwasserleitungen zu überwachen, streichen. Die Pflicht soll nicht mehr turnusgemäß bestehen, sondern nur, wenn der Hinweis auf einen Schaden vorliegt.
Der BDEW sieht darin jedoch eine Verschlechterung des Gewässerschutzes wegen möglicher Einleitungen aus Kanälen. In Gebieten, in denen Trinkwasser gewonnen und gefördert wird, sollte die Dichtigkeitsprüfung daher weiter Bestand haben.

Wasserschutzgebiete müssen weiterhin geschützt werden

Die Dichtigkeitsprüfung privater ABwasserleitungen muss in Wasserschutzgebieten gewährleistet werden!

Die Dichtigkeitsprüfung privater Abwasserleitungen muss besonders in Wasserschutzgebieten gewährleistet werden!

Zum Schutz des Trinkwassers sollte die aktuelle Regelung zum Überprüfen von Abwasserleitungen in Wasserschutzgebieten erhalten bleiben. Sie sind ein zentrales Element des vorsorgenden Gewässerschutzes. Wasserschutzgebiete sind unverzichtbar, um die öffentliche Wasserversorgung langfristig sicherzustellen.
Laut Untersuchungen der Wasserwirtschaft liegt die Schadensrate bei öffentlichen Abwasserkanälen schon bei zirka 20 Prozent. Wieso sollten die Zahlen bei privaten Leitungen niedriger liegen? Ohnehin gilt der Besorgnisgrundsatz, nach dem jede Beeinträchtigung des Gewässerschutzes zu vermeiden ist.

Zahlen
Das öffentliche Kanalnetz in NRW ist zirka 100.000 km lang. Dazu kommen rund 200.000 Kilometer private Abwasserleitungen.*

Anlassbezogene Prüfungen wären ein „stumpfes Schwert“

Im Sinne des Umweltschutzes dürfen keine unbekannten Einleitungen in Gewässer oder ins Grundwasser erfolgen. Das gilt gerade in Wasserschutzgebieten. Der Antrag der Regierungsfraktion schützt die grundsätzlich berechtigten Interessen privater Eigentümer, führt aber zu einem schlechterem Gewässerschutz.
Wie bei einem Kamin hat der Hausbesitzer im Normalfall keine Kenntnis über den Zustand der Abwasserleitungen auf seinem Grundstück. Es ist nicht möglich, bei der – im Schnitt alle 10 bis 15 Jahre stattfindenden – Überprüfung der öffentlichen Leitungen, Undichtigkeiten privater Abwasserleitungen zu erkennen. Sandablagerungen im Kanalnetz wären ein Hinweis, doch öffentliche Kanäle werden vor dem Check gereinigt und von Ablagerungen befreit. Beim Überprüfen mit Spezialkameras, die automatisch durch das Kanalsystem fahren, sind mögliche Ablagerungen aus privaten Anschlussleitungen bereits entfernt.
Bei Kaminen greift jedoch eine allgemein anerkannte Pflicht, den Zustand regelmäßig durch ein Fachunternehmen (Schornsteinfeger) prüfen zu lassen.

Kosten der Checks sind gering – echte Schäden teuer!

Die Kosten einer Inspektion einer privaten Hausanschlussleitung liegen für den Eigentümer bei etwa 300 Euro. Aktuell müssen sie alle 30 Jahre durchgeführt werden – angesichts der hohen Schadensraten eine geringe Belastung.
Bestehen leichte Schäden, so kann mit dem preiswerten „Relining-Verfahren“ saniert werden. Ist der Schaden aber groß und damit sichtbar, wird es für die Verantwortlichen meist teuer. „Bricht“ die Leitung, sind teure Tiefbaumaßnahmen nötig – durch frühzeitige Inspektionen vermeidbar! Es ist also fraglich, ob mit der Änderung am Ende wirklich die Interessen der Hauseigentümer geschützt werden.

Kamerafahrten sind eine Möglichkeit, die Dichtigkeit von Abwasserleitungen zu prüfen.

Kamerafahrten sind eine Möglichkeit, die Dichtigkeit von Abwasserleitungen zu prüfen.

Gewässerschutz sollte regelmäßig überprüft werden!

Daher sollte die bisherige Regelung zur Überprüfung privater Kanäle beibehalten werden. Bei einer Aufweichung wie im Antrag, sollte zumindest die Wirksamkeit der neuen Regelung nach einem überschaubaren Zeitraum überprüft werden. Dabei sollten die Erfahrungen der Kanalnetzbetreiber, Wasserversorger und Wasserbehörden erhoben und ausgewertet werden.
Die Überprüfung könnte man mit der nächsten Überarbeitung der kommunalen Konzepte zur Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung koppeln. Denn die Fragestellung spielt teilweise in die Aufgabe der Konzepte hinein.


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