Der Strukturwandel in den Kohleregionen braucht ein Ziel und Teilerfolge auf dem Weg dorthin. Nur dann wird er akzeptiert und von der Gesellschaft getragen. Das ist nur ein Ergebnis der Kohlekommission.

Der 26. Januar 2019 könnte zu einem historischen Tag für die Energieversorgung in Deutschland werden. An diesem Tag einigte sich die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ kurz WSB und besser bekannt als „Kohlekommission“, auf ein Ausstiegsszenario aus der Kohleverstromung in Deutschland.

Die zentralen Ergebnisse der Kohlekommission

  • Als Abschlussdatum empfiehlt die Kommission 2038. Wenn Strommarkt, Arbeitsmarkt und wirtschaftliche Lage es erlauben, kann das Ausstiegsdatum im Einvernehmen mit den Betreibern auf 2035 vorgezogen werden.
  • Bis 2030 sollen noch höchstens 17 GW (Gigawatt) Kohlestrom am Markt sein.
  • Bis 2022 sollen insgesamt 12,5 GW vom Netz gehen.
  • Welche Kraftwerke abgeschaltet werden, gibt die Kommission nicht vor. Das muss die Politik mit den Betreibern aushandeln.
  • Anpassung des Ausbaupfads der Erneuerbaren Energien auf das 65-Prozent-Ziel sowie zügiger Ausbau von Energiespeichern oder Sektorkopplungstechnologien.
  • Vereinfachte Umstellung von Kohle auf Gas durch eine beschleunigte Genehmigung neuer Gaskraftwerke mit Hilfe des Gesetzes zur Kraft-Wärme-Kopplung (KWKG) und Verlängerung des KWKG bis 2030.
  • Stabilisierung der Strompreise und Entlastungen ab 2023.
  • Zukunftssichere Perspektive für die Braunkohleregionen und an Steinkohlestandorten durch Strukturhilfen. Die Gesamtsumme wird bis 2040 auf mindestens 40 Milliarden Euro beziffert. Betriebsbedingte Kündigungen sollen ausgeschlossen werden.
  • Regelmäßiges Monitoring in den Jahren 2023, 2026 und 2029 zur Kontrolle der Umsetzung und der Wirksamkeit der Maßnahmen mit Blick auf Strompreise, Versorgungssicherheit und Klimaschutz.

Klima.Werkstatt in Gelsenkirchen ordnet Ergebnisse der Kohlekommission ein

Doch das Ruhrgebiet dient nur bedingt als Beispiel für die Braunkohlereviere, so das Ergebnis des 1. Workshops der Klima.Werkstatt, der von Dr. Arnt Baer (Leiter der Abteilung Verbände und Politik bei Gelsenwasser) moderiert wurde

Doch das Ruhrgebiet dient nur bedingt als Beispiel für die Braunkohlereviere, so das Ergebnis des Workshops der Klima.Werkstatt, der von Dr. Arnt Baer (Leiter der Abteilung Verbände und Politik bei Gelsenwasser) moderiert wurde.

In der Klima.Werkstatt des Klima.Diskurs NRW, in dem sich Gelsenwasser engagiert, wurde engagiert und fundiert diskutiert. Titel: Bruch & Chance für NRW? Die Ergebnisse der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung.
„Die Kommission hat für die Politik die Kohlen aus dem Feuer geholt, in dem sie die Aufgabe der Politik übernommen hat, einen Konsens bei dem Thema zu finden“, betonte WSB-Kommissionsmitglied Antje Grothus.

Tillmann Schwenke vom Branchenverband BDEW wies darauf hin, dass es eigentlich Aufgabe der Politik sei Problemlösungen zu entwickeln. Doch die Kohlekommission war vielleicht das benötigte Format um ein Ergebnis zu erzielen. Ein so breiter Kompromiss zwischen Umweltverbänden, Energiewirtschaft und den betroffenen Regionen lässt sich argumentativ schwer beiseiteschieben, so die einhellige Meinung auf dem Eröffnungspodium.

Startphase des Strukturwandels muss gelingen

Um den Strukturwandel erfolgreich gestalten zu können, muss die Startphase gelingen. Was am Anfang versäumt wird, lässt sich am Ende schwer – oder nur mit viel Geld und sehr aufwändig – wieder reinholen. Die verpassten Klimaziele 2020 der Bundesregierung seien hier als mahnendes Beispiel erwähnt.
Entscheidend werden die Jahre Anfang ab 2020 sein, in denen die Weichen für die Energieversorgung der Zukunft gestellt werden. Nachhaltiges Wirtschaften benötigt Verlässlichkeit und Planungssicherheit, weswegen es zu Beginn schnell gehen muss. „Der Ausstieg aus der Braunkohle ist nicht mehr als der Einstieg in eine nachhaltige Energiegewinnung”, bringt es Reiner Priggen vom Landesverband Erneuerbare Energien NRW  und Mitglied der Kohlekommission, auf den Punkt.

Der Kommission ist es gelungen einen Pfad zu entwickeln, der Strukturwandel nachhaltig definiert. Jetzt ist es an der Politik, die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen.

Ruhrgebiet als Vorbild für Strukturwandel?

Das Ruhrgebiet dient als Beispiel für einen gelungenen Strukturwandel. Kein Bergmann sollte „ins Bergfreie“ fallen. Das Prinzip gilt es auch jetzt zu gewährleisten, gerade in den ostdeutschen Revieren, in denen die Struktur weitaus geringer industriell geprägt ist als im rheinischen Revier.
Doch das Ruhrgebiet dient nur bedingt als Beispiel für die Braunkohlereviere, so das Ergebnis des 1. Workshops der Klima.Werkstatt, der von Dr. Arnt Baer (Leiter der Abteilung Verbände und Politik bei Gelsenwasser) moderiert wurde.

Der Transformationsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Es sind weiterhin große Anstrengungen nötig, um den Strukturwandel erfolgreich abzuschließen, betonten die Diskutanten Josef Hovenjürgen (MdL, Vorsitzender der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr), Dr. Kai van de Loo (Chefökonom Politik und Statistik, Gesamtverband Steinkohle e. V.) und Dr. Babette Nieder (Stadt Herten).
Deswegen ist es wichtig, dass die veranschlagten Gelder auch ins Ruhrgebiet fließen. Denn der Ausstieg ist ein Ausstieg aus der Kohle und nicht nur aus der Braunkohle. Es braucht Konzepte für die Zukunft der Energie- und Wärmeversorgung ohne Kohle im Ruhrpott.

Gelsenwasser kann Strukturwandel

Gelsenwasser war selbst stark vom Strukturwandel im Ruhrgebiet betroffen, entwickelte sich vom „Wasserwerk für das nördliche westfälische Kohlerevier“ zu einem modernen Infrastruktur-Dienstleister entwickelt. Wir werden uns die anstehenden Veränderungen in den verschiedenen Revieren mit ihren ganz unterschiedlichen Herausforderungen genau anschauen. Und versuchen unsere Kompetenzen und Möglichkeiten, gerade auch mit unserem Netzwerk, in den Strukturwandel einzubringen.


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Kein Kohleausstieg ohne Infrastruktur

FOTOS
Kraftwerk © GELSENWASSER AG
Tagebau © pixabay.com/CC0
Klimawerkstatt © Steffen Hoeft

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