Am 10. Juli 2019 hat die Landesregierung die seit etwa zwei Jahren diskutierte Energieversorgungsstrategie für NRW veröffentlicht. In der vorletzten Sitzung des Landtags vor der Sommerpause stellte Energieminister Prof. Pinkwart die Strategie mit seinen 17 Maßnahmen den Abgeordneten und Zuschauern vor.

Er habe diesen Prozess frühzeitig wegen des Kohleausstiegs auf Bundesebene parallel gestartet. Denn dieser sei gerade für das Energieland Nr. 1 mit etwa einem Viertel der bundesweiten Erzeugung – aber auch gut einem Drittel des bundesweiten Verbrauchs an Energie eine große Herausforderung. Aufgabe sei es, einen sicheren Fahrplan vorzubereiten und auf Grundlage der Strategie Ende 2019 zumindest einen Entwurf für eine neue Leitentscheidung NRW für das Bundesland zu fällen. Die Energieversorgungsstrategie und der Kohleausstieg bedeuteten im Idealfall einen Rückgang um 80 Mio. Tonnen CO2 im Jahre 2030 – aber eben auch 70 % weniger bei der Erzeugung von Kohlestrom im Land. NRW werde Anfang der 20er – Jahre vom Nettostromexporteur zum Importeur.

Teil der Energieversorgungsstrategie: Windenergieanlage in Castrop-Rauxel

Windenergieanlage in Castrop-Rauxel

Massiver Umbau als Chance für NRW

Sein Ziel sei es, die Erneuerbaren auf 10,5 GW Wind und 11,5 GW PV bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln. Das Potenzial von Photovoltaik auf Dachflächen im Land sei erst zu einem Bruchteil ausgeschöpft. Bei der oberflächennahen Geothermie stünde man erst am Anfang. Etwa zwei Drittel der nötigen klimaneutralen Energie könne in NRW erzeugt werden. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass für das letzte Drittel ein massiver Ausbau an Windenergie auf hoher See nötig sei und daher die nötigen Stromtrassen wie diejenigen der Amprion, die stark in der Kritik stünden, hohe Priorität hätten. Für Wind an Land sehe er NRW weiterhin auf gutem Kurs, die Zahl in den letzten beiden Jahren genehmigten Projekte sei bundesweite Spitze und für Repowering bestünden große Möglichkeiten. Beide Punkte waren im Vorfeld gerade von Betreibern von Windanlagen doch massiv angezweifelt worden, da die Hälfte dieser Projekte aktuell beklagt würden und viele Anlagen nach dem aktuellen Genehmigungsrecht für Repowering gar keine Genehmigung erhalten könnten. Zudem hielte der Minister an den umstrittenen Abstandsregeln fest.

Sicherheit und Speicher: Saerbeck als Vorreiter

Eines leuchte aber ein: Da die Erneuerbaren extrem volatil – also unzuverlässig im Angebot – seien und wir aus einem Drittel der gesicherten Leistung ausstiegen, müssten Lösungen gefunden werden. Speicher stünden nun hoch im Kurs – neben der Batterieforschung in Münster, Innovation City in Bottrop und der Stegerwaldsiedlung im Süden Kölns nannte er erfreulicherweise die Klimakommune Saerbeck – Partner von Gelsenwasser aktuell beim Speicherprojekt EnerPrax, das vom MWIDE gefördert wird – als leuchtendes Beispiel! Solche Ideen seien in den nächsten Jahren zu fördern.

Pinkwart in Saerbeck nimmt Stellung zur Energieversorgungsstrategie

NRW-Energieminister Prof. Pinkwart bei der offiziellen Inbetriebnahme von EnerPrax.

 

 

Um eine sichere Versorgung zu gewährleisten, sei das aktuelle Monitoring der Bundesregierung auf der Basis von Bewertung von Stromausfällen ab drei Minuten Dauer nicht ausreichend. Die Landesregierung werde sich dafür einsetzen, dass ein neuer moderner Stresstest auf der Grundlage mathematischer Wahrscheinlichkeiten eingeführt und ab 2020 verwendet werde. Für einen solchen Test hatten sich auch auf Bundesebene Verbände wie der VKU (Verband kommunaler Unternehmen) eingesetzt, nachdem im Juni dieses Jahres an mehreren Tagen kritische Situationen in den bundesweiten Netzen aufgetreten waren.

Maßnahmenpaket der Energieversorgungsstrategie

In dem Maßnahmenpaket der Energieversorgungsstrategie finden sich viele der Branche bekannte Themen wie der Ausbau der KWK-Förderung (Kraft-Wärme-Kopplung) oder die Notwendigkeit, dass Gaskraftwerke wieder wirtschaftlich betrieben werden können.

Die Überarbeitung der Entgelte und Umlagen, Senkung der Stromsteuer oder anteilige Finanzierung der Kosten der Erneuerbaren über den Bundeshaushalt müssen auf Bundesebene entschieden werden. Durch eine entschlossene Regierung des größten Bundeslandes können diese aber in den nächsten Monaten entscheidend mitbeeinflusst werden. Aber auch auf NRW-Ebene können Themen konkret angegangen werden, so zum Beispiel eine eigene Wasserstoffstoffstrategie mit Förderung und positiver Begleitung der bekannten Projekte.

Auch wenn die Opposition im gleichen Atemzug mangelnde Konkretheit, fehlende Messbarkeit und einen zu großen Fokus auf die Risiken des Umbaus bemängelt hat, so steht parteiübergreifend außer Zweifel, dass die richtigen Themen in dem 70-seitigen Papier aufgeführt und in Relation zueinander gesetzt worden sind.

Wichtig wird es nun für einen erfolgreichen Umbau sein, inwieweit es gelingt, diese Themen mit konkreten Maßnahmen zu hinterlegen und zeitnah in die Umsetzung zu kommen.

 

LINKS

Sie finden die an den Landtag zur Information übersandte Fassung unter diesem Link.

Lesen Sie mehr zum Kohleausstieg auf unserem Blog.

FH-Münster zum Ministerbesuch in Saerbeck

EnerPrax

 

FOTOS

Titelbild: © Bildarchiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, Fotograf: Bernd Schälte

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