Teil 4 unserer Blogserie „Pott, Pütt und Wasser“ zum Abschied von der Kohle. Im Wasserwerk Haltern wurde das schwarze Gold für die Trinkwassergewinnung gebraucht. 1980 traf dort die letzte Kohlelieferung ein.

Nicht nur unsere Anfänge sind eng mit der Steinkohle verknüpft – auch bei der Trinkwassergewinnung im Wasserwerk Haltern spielte das „schwarze Gold“ jahrzehntelang eine wichtige Rolle. Die Energie für die Wassergewinnung stammte aus einem Dampfkraftwerk, dass mit Kohle angetrieben wurde.

Unsere Blogserie zum Abschied von der Kohle

Pott, Pütt und Wasser – die Geschichte des Ruhrgebiets ist auch die von Gelsenwasser. Unsere Serie ist eine kleine Hommage an das Ruhrgebiet. Lest auch die ersten drei Teile!
Teil 1: Pott, Pütt und Wasser – wie alles begann
Teil 2: Pott, Pütt und Wassernot – knapp und schmutzig
Teil 3 – Pott, Pütt und das Wirtschaftswunder mit Wasserrekord


Energie fürs Wasserwerk: Die Kohle kam per Eisenbahn

Auch für die Trinkwassergewinnung wurde Kohle gebraucht! Die Pumpen im Wasserwerk Haltern wurden mit Energie aus Steinkohle betrieben. Hier wird die Kohle am Kesselhaus angeliefert. (Zirka 1948) © GELSENWASSER AG

Auch für die Trinkwassergewinnung wurde Kohle gebraucht! Die Pumpen im Wasserwerk Haltern wurden mit Energie aus Steinkohle betrieben. Hier wird die Kohle am Kesselhaus angeliefert. (Zirka 1948) © GELSENWASSER AG

Die Kohle wurde per Eisenbahn am Wasserwerk Haltern angeliefert. Heizer schippten sie im Kesselhaus in die Öfen. Das war ein schwerer Job: anstrengend und dreckig. Der erzeugte Dampf wurde dann im Turbinenhaus in Strom umgewandelt. Denn nur mit den Dampfkolbenpumpen konnte das Wasser in die Leitungen gedrückt werden.
1952 übernahm eine vollautomatische Kohlebeschickung die schwere Arbeit der Heizer. Parallel wurde eine eigene Drehstromerzeugung geschaffen. Ab 1969 wurden die Dampfpumpen, die mehr als 60 Jahre in Betrieb gewesen waren, durch elektrisch angetriebene Kreiselpumpen ersetzt. Die ersten beiden Elektropumpen wurden 1971 in Betrieb genommen.

Im Kesselhaus des Wasserwerks Haltern: Die Heizer beschickten die Kessel mit Kohle. So wurde Dampf zum Pumpenbetrieb erzeugt. © GELSENWASSER AG

Im Kesselhaus des Wasserwerks Haltern: Die Heizer beschickten die Kessel mit Kohle. So wurde Dampf zum Pumpenbetrieb erzeugt.
© GELSENWASSER AG

Abschied von Dampf und Kohle im Wasserwerk – letzte Kohle wurde 1980 geliefert

Die letzte Kohlelieferung im Wasserwerk Haltern

Am 24. September 1980 traf die letzte Kohlenlieferung im Wasserwerk Haltern ein. In 72 Jahren wurden im Wasserwerk zirka 1,12 Millionen Tonnen Kohle verfeuert. © GELSENWASSER AG / privat

1978 wurde die Energieversorgung dann komplett umgestellt. 800.000 DM sollten jährlich mit der Energiewende eingespart werden.
Ab 1978 wurden das Dampfkraftwerk daher abgebaut, das Kesselhaus umgebaut und mit einem neuen Schornstein versehen. Die zwei alten Kamine wurden gesprengt und das Wasserwerk an die öffentliche Stromversorgung angeschlossen. 1980 war es dann soweit: der endgültige Abschied von Dampf und Kohle.

Bergbau sorgte für viele Rohrschäden

Der Bergbau ist aber nicht nur unser Ursprung, er hat auch immer wieder Schwierigkeiten bereitet. Er verursachte ungezählte – kleine und große – Rohrschäden. Viele Rohrleitungen verkrafteten es nicht, wenn der Boden sich bewegte, zum Beispiel absenkte.
Vor allem die spröden Graugussrohre, die früher verwendet wurden, waren empfindlich, wenn sich ihre Lage veränderte. Muffen rissen ab, Rohre wurden auseinandergezogen oder brachen. Als noch Kohle direkt unter den Leitungen abgebaut wurde, waren Rohrschäden an der Tagesordnung.
Bis in die Gegenwart prüfen die Rohrnetzbetriebe in Abstimmung mit dem Zechenbetreiber DSK (Deutsche Steinkohle AG), ob Rohrleitungen durch Bodensenkungen „gezerrt“ oder „gepresst“ werden.

Halterner Trinkwasser durch den Bergbau in Gefahr

Und 1980er Jahren mussten wir uns sogar ernsthaft mit dem Bergbau anlegen. Im Zuge der „Nordwanderung“ plante der Bergbau, Kohle im Bereich des Wasserwerks Haltern abzubauen. Im Bereich von Lippe und Stever hatte man lohnende Mengen gefunden.
Aber der Kohleabbau unter dem Wasserwerk hätte die Wassergewinnung gefährdet. Die Höhenverhältnisse zwischen dem Südbecken und den Versickerungsbecken wären gestört, die weitsichtig und energieschonend geplanten Fließverhältnisse verändert worden.
Viel problematischer: Durch die veränderten Höhenverhältnisse wäre salziges, belastetes Wasser aus der Lippe von Süden ins Grundwasser der Wassergewinnung eingedrungen. Das hätte die Trinkwasserqualität für mehr als eine Million Menschen gefährdet!
Deshalb kam es zu einer heftigen juristischen Auseinandersetzung. Die Bergbehörde musste abwägen, was Vorrang hat: wirtschaftliche Interessen des Bergbaus oder die öffentliche Wasserversorgung. Am Ende wurde entschieden, dass der Bergbau unser Wasserwerk Haltern weiträumig aussparen muss.

Schicht im Schacht – auf das Pottleben ohne Pütt!

Schwere Arbeit unter Tage: So sah die Gewinnung mit Doppelwalzen-Schrämlader 1969 aus. © montan.dok / 023200405001

Schwere Arbeit unter Tage: So sah die Gewinnung mit Doppelwalzen-Schrämlader 1969 aus. © montan.dok / 023200405001

2018 laufen die Milliarden-Subventionen für Steinkohle gänzlich aus. „Schicht ist’s!“ Der Bergbau hat die Identität von Gelsenwasser genauso geprägt wie das Ruhrgebiet selbst. Sein Erbe ist mehr denn je Kultur als nur bloße Erinnerung. Der Beruf des Bergmanns stirbt aus, aber viele seiner Werte und Worte bleiben: Malocht wird bei uns immer noch gemeinsam! Der Aufenthaltsraum in der Betriebsdirektion heißt „Kaue“ und im Wasserwerk Haltern gibt es eine „Leitwarte“. Unsere Kaffeebecher heißen Butt und viele von uns essen ihr Pausenbrot aus der Dubbeldose. Das Pottleben geht also weiter, auch ohne Pütt.

Wir sind stolz auf diese Tradition, die viele von uns teilen. In diesem Sinne: „Auf“ das Pottleben ohne Pütt!
Glück auf!

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