Am Samstag (23. Juni 2018) ist Tag der Daseinsvorsorge. Unser Politik-Experte Dr. Arnt Baer sprach dazu mit Gelsenwasser-Vorstand Henning Deters über sichere Versorgung und den Strukturwandel im Ruhrgebiet.

Herr Deters, der Begriff Daseinsvorsorge ist nirgendwo eindeutig definiert, trotzdem gibt es ein allgemeines Verständnis nach Forsthoff aus den 30er Jahren, was sich dahinter verbirgt. Was verstehen Sie darunter?

Dabei geht es um solche Leistungen des Staates an seine Bürger, die nach dem jeweiligen Verständnis der Zeit, für das Leben unverzichtbar sind. Eine Art „Grundversorgung“. Müllentsorgung, Krankenhäuser, Friedhöfe zähle ich dazu, aber auch die Abwasserentsorgung, Wasserversorgung, Gas, Wärme und traditionell auch die sichere Versorgung mit Strom. Diese Leistungen werden schon immer im Wesentlichen direkt vor Ort erbracht, in der Kommune. Sie haben daher nach meinem Verständnis schon immer auch den Kern von Gelsenwasser ausgemacht, der es seit Gründung des Unternehmens als „Wasserwerk für das nördliche westfälische Kohlenrevier“ ist, die Kommunen bei diesen Aufgaben eng zu unterstützen. In der heutigen Zeit könnte man auch sagen: Daseinsvorsorge ist Lebensqualität vor Ort!

Gelsenwasser ist zwar mittlerweile seit mehr als 15 Jahren ein kommunaler Versorger, allerdings ist das Unternehmen für die Wasserversorgung des Bergbaus gegründet worden, nicht als klassisches Stadtwerk.

Bereits zu dieser Zeit war der Zweck ein gesellschaftlich hoch relevanter, zunächst die Wasserversorgung für Kohle und Stahl, später durch eine professionelle, gesundheitlich einwandfreie Versorgung die zuvor aufgekommenen Epidemien im Ruhrgebiet für die Zukunft zu verhindern. Was auch gelang. Die massiven Gesundheitsprobleme waren nur so in den Griff zu bekommen. Die Lebensqualität der Arbeiter des Kohlebergbaus wurde deutlich erhöht, der Aufbau dieser Infrastruktur seinerzeit ist auch im Rückblick noch sehr beeindruckend, wenn man sich die alten Dokumentationen ansieht.

Der Strukturwandel im Ruhrgebiet ist allgegenwärtig.

Gelsenwasser ist Teil des Wandels, besonders im Ruhrgebiet. Die Daseinsvorsorge ist eine wichtige Komponente des Strukturwandels.

Mit Ende diesen Jahres wird der Steinkohlebergbau im „Pott“ endültig eingestellt. Ist das auch ein Einschnitt für Gelsenwasser?

Der Strukturwandel des Ruhrgebietes betrifft alle Menschen, die hier leben und alle Unternehmen, die hier beheimatet sind. Er beginnt aber nicht erst jetzt sondern ist längst in vollem Gange. Dass unser Unternehmen immer noch da ist und sogar sehr gut da steht, begründet sich durch die Bereitschaft der gesamten Gelsenwasser-Familie, sich über Jahrzehnte zu wandeln und sich nach an den Bedürfnissen der Kommunen auszurichten. Strukturwandel im Unternehmen ist unser Kern des Erfolgs. Nach dem Fall der Mauer sind wir systematisch Stadtwerke-Beteiligungen angegangen, weil viele Kommunen gerade in Ostdeutschland einen kompetenten Partner gesucht haben. Mit den beiden Ölkrisen in den 1970er Jahren kam die Gasversorgung und der Betrieb der nötigen Gasnetze in NRW vor Ort dazu. In die Sparte Abwasser sind wir vor 24 Jahren erfolgreich eingestiegen. Seit vier Jahren sind wir nun auch im Stromnetzbetrieb tätig und werden dieses Feld ausbauen, da wir die wachsende Bedeutung von Strom in allen Feldern des öffentlichen Lebens sehen. Und auch deswegen weil wieder viele Kommunen einen Partner für den Betrieb von Stadtwerken suchen. Damit schaffen wir Lebensqualität vor Ort – ganz konkret.

Ist damit der Wandel für das Unternehmen abgeschlossen oder werden auch ab 2019 neue Felder dazu kommen?

Wir gestalten Zukunft. Wandel wird immer ein Teil dieser Gestaltung sein. Schnelles Internet zum Beispiel ist eine solche Notwendigkeit für Menschen und Unternehmen, dass es von Vielen schon als Teil der Daseinsvorsorge gesehen wird. Daher haben wir uns auch für den Einstieg in Planung, Bau und Betrieb von Datennetzen entschieden und uns Ende letzten Jahres an der Gelsen-Net GmbH beteiligt. Zuvor haben wir den Wunsch vieler Kommunen aufgenommen, sich selbst in der Stromversorgung mit den Erneuerbaren zu engagieren und gleichzeitig etwas für die Umwelt und den Klimaschutz zu tun. Mittlerweile wird Gelsenwasser – wenn alles gut läuft – allein in 2018 mit 30 Megawatt Windenergie ans Netz gehen und plant weitere 77 Anlagen mit rund 350 Megawatt. Mit einer solchen Bereitschaft der Mitarbeiter, sich in neue Themen einzuarbeiten, werden wir sicher auch in Zukunft in der Lage sein, solche Veränderungen der Daseinsvorsorge mit zu gehen.

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